"Zeitarbeitsuhren nicht zurückdrehen"

„In Deutschland ist die Flexibilisierung des Arbeitslebens unabdingbar, und Zeitarbeit wird in Zukunft noch wesentlich notwendiger sein als bisher“, betonte jetzt der ehemalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in einem Interview mit dem Fachmagazin „Lohn+Gehalt“.

Im Gespräch mit Chefredakteur Markus Matt zum Thema „Die Arbeitswelt wird flexibler“ reagierte Clement unter anderem auch auf die Koalitionsvereinbarungen zur Zeitarbeit: „Was ich nicht für gut halte, sind die Gesetzesvorhaben, die jetzt von der großen Koalition auf den Weg gebracht werden sollen.“ Es sei auch eine Begrenzung der Überlassungsdauer auf 18 Monate geplant, was, so Clement, gerade für qualifizierte Jobs ein Problem sei, „weil sie nicht selten über 18 Monate reichen und dies durchaus im Sinne der betroffenen Arbeitnehmer ist“.

Öffnungsklausel

Allerdings sei wohl eine Tariföffnungsklausel vorgesehen, was eine längere Überlassungsdauer auf tariflicher Ebene möglich machen könnte. Er hoffe, dass es eine solche Klausel auch tatsächlich gebe: „Denn andernfalls müssten beispielsweise Ingenieure nach 18 Monaten des Einsatzes beim Entleiher zum Zeitarbeitsunternehmen zurückkehren und würden dort weniger Einkommen als zuvor erhalten. Eine solche Begrenzung geht folglich an diesen Realitäten und den Anforderungen des Marktes vorbei“, analysierte Clement die Situation.

 

Equal Pay nach neun Monaten

Clement äußerte sich ebenfalls zur im Koalitionsvertrag definierten Gleichbezahlung von Zeitarbeitnehmerschaft und Stammpersonal nach neun Monaten: „Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass dies nach neun Monaten des Einsatzes im Entleihunternehmen gelten soll, und das ist ebenfalls problematisch, denn wir haben ja inzwischen Tarifverträge, die über Zuschläge schrittweise in Richtung Equal Pay gehen, zum Beispiel in der Metall- und in der Chemieindustrie.“ Dort sei vorgesehen, dass Branchentarifzuschläge gezahlt werden, die das Arbeitnehmereinkommen der Zeitarbeitskräfte bis auf Equal Pay angleichen. Das geschehe in tariflich fest vorgesehenen Stufen.

Fachkräftemangel

Clement hält diese Regelung für vernünftiger. Er hoffe, dass es auch in diesem Bereich Tariföffnungsklauseln geben werde, die im Koalitionsvertrag jedoch nicht erwähnt seien. Er halte nichts davon, die Uhren für die Zeitarbeit zurückzudrehen: „Das wäre ökonomisch wie arbeitsmarktpolitisch unvernünftig.“ Die Zahlen in der Zeitarbeit gingen aktuell zurück, denn es herrsche überall Fachkräftemangel – Effekt: „Die Unternehmen gehen immer mehr dazu über, Arbeitnehmer auch dauerhaft einzustellen, um sich im „War for Talents" die besten Leute zu sichern. An dieser Stelle nun, wie geplant, gesetzgeberisch einzugreifen, ist eigentlich hinter der Zeit“, unterstrich Clement. (WLI)