Zeitarbeit zu Unrecht in der Kritik

Zeitarbeit verhindert Arbeitslosigkeit und ermöglicht langfristige Jobperspektiven. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), für die zwischen September 2018 und März 2019 rund 8.300 Zeitarbeitskräfte befragt wurden. Die Umfrage wurde über den Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) und den Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) organisiert.

Zeitarbeit steht oft in der Kritik, auch aktuell während der Corona-Pandemie: Zeitarbeiter seien die Ersten, die in der Krise ihren Job verlieren, heißt es oft. Sie seien diejenigen, die in guten Zeiten Unternehmen unter die Arme greifen – in schlechten Zeiten verlören sie dagegen reihenweise ihren Job. Tatsächlich aber kann Zeitarbeit eine wesentliche Stütze in der Pandemie sein: Sie stabilisiert den Arbeitsmarkt, zeigt die IW-Studie. Und Zeitarbeit ermöglicht eine schnelle Erholung, weil sie den Unternehmen in unsicheren Zeiten Sicherheit und Stabilität gibt.

Perspektiven zeigen

Zeitarbeit bietet langfristige Beschäftigungsperspektiven – und zwar auch denjenigen, die keine abgeschlossene Ausbildung haben. Sechs von zehn Zeitarbeitnehmern gingen ein Arbeitsverhältnis bei ihrem aktuellen Zeitarbeitsunternehmen ein, um aus der Arbeitslosigkeit den Weg zurück in Arbeit zu finden oder eine drohende Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Mehr als vier von zehn Zeitarbeitskräften suchen dauerhaft eine Perspektive in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche. Langfristig eröffnen sich dann Entwicklungs- und Einkommensperspektiven. Zum Beispiel erhalten gut zwei Drittel der befragten Zeitarbeitskräfte im laufenden Einsatz gleiches Gehalt beziehungsweise (Branchen-)Zuschläge.

Höchstüberlassungsdauer (temporär) aussetzen

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Rolle der Zeitarbeit nicht nur in der Coronakrise, sondern auch institutionell gestärkt werden muss. Rund ein Drittel der Beschäftigten wird von Einsätzen abgezogen, obwohl sie den Einsatz gerne fortgesetzt hätten. In vier von zehn Fällen musste der Einsatz beendet werden, weil die Höchstüberlassungsdauer erreicht worden war. „Die Betroffenen müssen gezwungenermaßen ein vertrautes Umfeld mit gewachsenen sozialen Beziehungen verlassen. Die Höchstüberlassungsdauer droht manchen Zeitarbeiter direkt in die Arbeitslosigkeit zu schicken – obwohl sein aktueller Kundenbetrieb ihn weiter beschäftigen würde“, warnt IW-Arbeitsmarktexperte und Studienautor Oliver Stettes. Gerade während der Pandemie kann es passieren, dass Zeitarbeiter ihren aktuellen Einsatzort verlassen und ihr Zeitarbeitsunternehmen keine Anschlussbeschäftigung findet. Eine Aussetzung der Höchstüberlassungsdauer für die Dauer der Corona-Pandemie und für die ersten Monate einer Erholungsphase könnte daher die beschäftigungspolitische Funktion der Zeitarbeit in diesen schwierigen Zeiten stärken. (SaS)

16.11.2020

IW-Report 57/2020 Zeitarbeiterbefragung 2019

In der IW-Zeitarbeiterbefragung hat das IW-Köln die Auswirkungen der Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes von April 2017 untersucht. Sowohl die Folgen für Zeitarbeitskräfte und Zeitarbeitsunternehmen werden beleuchtet.