"Zeitarbeit nicht in prekäre Beschäftigung definieren"
Die Zahlen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Partei "Die Linke" hat jetzt Prof. Lars Peter Feld, Leiter des Walter Eucken Instituts Freiburg, in einem Interview ins rechte Licht gerückt. Zeitarbeit, so Feld im Deutschlandfunk, biete auch eine Möglichkeit für Geringerqualifizierte, einen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden.
Zudem stellte der Arbeitsmarktexperte die Relationen der Zeitarbeitsbranche zur Gesamtwirtschaft klar: Zeitarbeitnehmer könnten im Vergleich zu der Stammbelegschaft qualifikatorisch nicht ganz mithalten, „und dann zögern die Unternehmen, diese Personen einzustellen.“
Boomphase
Außerdem gebe es derzeit ein sehr starkes Anziehen der Konjunktur. Feld: „Wir sind sozusagen in einer Boomphase. Die Unternehmen sind aber noch nicht bereit, ihre Kapazitäten auszureizen und decken daher die Spitzen eben auch mit Zeitarbeitnehmern ab.“
Qualifikationsniveaus
Auch das unterschiedliche Entgeltniveau thematisierte und relativierte er im Interview. Man könne eben nicht einfach nur jeweils den Durchschnitt nehmen. Das verbiete sich schon allein aufgrund der Qualifikationsniveaus, verwies er auf die Tatsache, dass 54 Prozent der Zeitarbeitnehmer ungelernte Hilfskräfte sind. In der Gesamtwirtschaft liegt diese Zahl bei knapp 20 Prozent.
Liberaleres Arbeitsrecht
Auf die neue gesetzliche Regelung von gleicher Bezahlung nach neun Monaten reagierte Feld, der auch einer der fünf Wirtschaftsweisen ist, mit dem Hinweis, dass die Unternehmen nun auf kürzere Einsatzdauern der Zeitarbeitnehmer setzen. Er favorisiere ein liberaleres Arbeitsrecht: „Dann würden wir gar nicht in so eine Lage hineinkommen, dass wir anfangen, Zeitarbeitnehmer mit anderen zu vergleichen und sie in prekäre Beschäftigung hinein zu definieren, sondern wir würden anfangen zu überlegen, was erhöht die Flexibilität im Arbeitsmarkt noch ein bisschen mehr.“
Stabiles Niveau
Zudem sei die deutsche Wirtschaft bei weitem nicht in der Situation, dass Zeitarbeit eine Erosion des Normalarbeitsverhältnisses verursache. Es sei mitnichten so, dass die Zeitarbeit seit der Liberalisierung permanent zugenommen habe, erinnerte er an den Anteil von 2,7 Prozent der Zeitarbeit an der Gesamtwirtschaft, der sich seit Jahren auf diesem Niveau hält. Nach der Wirtschaftskrise 2009 bewegte sich die Zahl der Zeitarbeitnehmer beispielsweise im Jahr 2011 mit der damaligen Konjunktur auf demselben Niveau wie heute.
Fachkräftemangel
Und: „Wir laufen doch in einen Arbeitsmarkt hinein, wo die Arbeitskräfte immer knapper werden“, verwies der Experte auf das Konjunkturbarometer Zeitarbeit. Dennoch mahnte er im Deutschalndfunk: "Fortbildungen bringen immer nur ein Stück weit etwas. Auch da haben wir ja sehr viel Erfahrung in den vergangenen Jahrzehnten aufgehäuft und können feststellen, dass manche gelingen und manche nicht. Die, die gelingen, sind vor allem die, die sehr nahe an den jeweiligen Jobs am Arbeitsmarkt dran sind. Man kann eben auch die Arbeitnehmer nicht unendlich fortbilden von einem Niveau aus, das unzureichend ist." (WLI)