Zeitarbeit liefert Diskussionsstoff

Viele Menschen verfolgen die Debatte mit Unbehagen. Ein möglicher Grund dafür: Sie setzen ein Idealbild von Arbeit voraus, das wenig mit der Welt von morgen zu tun hat. (...) Viele Menschen können sich nur schwer vorstellen, dass jemand im Alter von 50 Jahren den Beruf wechselt oder über das heutige Rentenalter hinaus arbeitet. Doch die meisten Experten sind sich darin einig, dass genau dies die Zukunft ist - und dass diese Zukunft im Grunde schon begonnen hat.

Zahl der Erwerbstätigen sinkt

Die Stichworte lauten demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Zuwanderung, Qualifizierung und lebenslanges Lernen. (...) Die Zahl der Erwerbsfähigen in Deutschland schrumpft laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von heute 45 Millionen auf 26 Millionen im Jahr 2050. Das verschärft den Fachkräftemangel, den einige Branchen, darunter auch die Zeitarbeit, bereits im Aufschwung des Jahres 2010 deutlich spüren. Zu den Lösungen, die die Politik diskutiert, gehört Zuwanderung. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat angekündigt, verstärkt qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Die demografische Entwicklung legt allerdings nahe, dass diese Menschen in Zukunft kaum aus anderen europäischen Ländern kommen werden. Denn auch dort ist ein Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte absehbar, weil die Bevölkerung altert. Dieser Gedanke spielt in der gegenwärtigen Debatte aber kaum eine Rolle. Stattdessen plagt viele Menschen in Deutschland die Sorge, Arbeitskräfte aus dem Ausland könnten zum Problem für den Arbeitsmarkt werden.

Forderung nach Mindestlohn

Ein Hintergrund ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit der neuen EU-Beitrittsstaaten, die ab Mai 2011 auch gegenüber Deutschland gilt. In der Zeitarbeit hat dies die beiden Regierungsparteien bisher zu unterschiedlichen Reaktionen veranlasst. Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen wie auch der Großteil der Zeitarbeitsunternehmen sprechen sich für einen tariflichen Mindestlohn aus. Dies würde der Beschäftigung von osteuropäischen Zeitarbeitskräften zu Niedriglöhnen einen Riegel vorschieben. Die FDP schlägt dagegen vor, Zeitarbeitnehmern den gleichen Lohn wie der Stammbelegschaft zu zahlen, sobald sie sich eingearbeitet haben. Die Gewerkschaften begrüßen den Vorschlag der Liberalen, die Zeitarbeitsbranche hingegen lehnt ihn als Eingriff in die Tarifautonomie ab. (...) (Zukunftsvertrag Zeitarbeit, 03/2010)