Zeitarbeit in der tariflichen Sackgasse?

Unter dem Motto „Zeitarbeit in der tariflichen Sackgasse?“ begrüßte Moderator Erwin Stickling, Chefredakteur des Fachmagazins Personalwirtschaft, Dr. h. c. Wolfgang Clement, ehemaliger Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Holger Piening, Leiter der iGZ-Tarifkommission, Martin Kamp, CDA-Hauptgeschäftsführer, Prof. Dr. Peter Schüren, Direktor des Instituts für Arbeit-, Sozial- und Wirtschaftsrecht der Universität Münster sowie Matthias Seidel von der Bertelsmann AG zu der Diskussionsrunde.

Schüren fordert „Vollzug“

Zunächst richteten die Teilnehmer den Blick in die Vergangenheit, um zu analysieren, wie es zur jetzigen Tarifsituation gekommen ist. Peter Schüren stellte klar: „Hätte es die tarifliche Fehlentwicklung der christlichen Gewerkschaften nicht gegeben, hätten wir heute eine ganz andere Situation. Die CGZP-Tarifverträge haben der ganzen Branche geschadet“. Von einer Entlastung der CGZP-Anwender möchte der Arbeitsrechtler nichts wissen. Jedes Unternehmen habe die Möglichkeit gehabt, die Tariffähigkeit der CGZP-Gewerkschaften anzuzweifeln – dies sei jedoch nicht geschehen. Jetzt müssten die Konsequenzen getragen werden. Von der Bundesregierung erwarte er daher nur „Vollzug“.

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Zu viel Deregulierung?

Holger Piening betonte, die Politik hätte das Mindestlohnniveau schon viel früher gesetzlich verankern können. Schließlich habe man schon 2006 den ersten Mindestlohn-Tarifvertrag geschaffen, der als Grundlage hätte dienen können. Martin Kamp war der Ansicht, die Politik habe es mit der Deregulierung ein Stück weit übertrieben. Nur so habe es zu den Niedriglöhnen in einigen Branchen kommen können.

Stufenmodell

Mit Blick auf die laufenden Verhandlungen berichtete Piening, man versuche sich auf ein stufenweises Branchenzuschlagsmodell zu verständigen. Wie dieses jedoch genau aussehen werde, stehe noch nicht fest. Seidel wünschte sich, dass es kein „Equal Pay à la Gießkanne“ geben wird. Er halte nichts davon, wenn Zeitarbeitnehmer grundsätzlich dieselbe Entlohnung wie Stammbeschäftigte erhalten würden, ohne dass dabei die unterschiedlichen Anforderungen an einzelnen Standorten berücksichtigt würden. Außerdem hoffte er, dass es mit einer möglichen Stufenregelung nicht zu einer „Rein-Raus-Mentalität“ komme, um Equal Pay so zu umgehen. „Wir möchten keine ständige Arbeitnehmerfluktuation“, betonte er aus Sicht eines Kundenunternehmens.

Zeitarbeit in höherqualifizierteren Etagen

Für die nächste Tarifrunde bekam iGZ-Verhandlungsführer Holger Piening noch einen Rat von Wolfgang Clement mit auf den Weg: „Reden Sie nicht immer nur über ehemalige Langzeitarbeitslose“, gab er zu Bedenken. Zeitarbeit sei eine wichtige Beschäftigungsmöglichkeit, die immer weiter in höherqualifiziertere Etagen reinwachse. Langfristig werde es bei Zeitarbeit nicht mehr primär um den Helferbereich gehen. (ML)