"Zeitarbeit für Wiederaufbau nutzen"

Die iGZ Landesbeauftragten von Hessen, Robert Schäfer und Rheinland-Pfalz, Bernhard Eder, begrüßten rund 200 Teilnehmer zum iGZ-Kongress PERSONAL.PRAXIS.MITTE.DIGITAL.. Moderiert von Marcel Speker, iGZ-Leiter Fachbereich Kommunikation, nahmen die Zuschauern an Vorträgen über Digitalisierung, Rekrutierung sowie die politische Lage teil und bekamen die Gelegenheit, den Experten im Chat Fragen zu stellen.

Dr. Martin Dreyer, stellvertretender iGZ-Hauptgeschäftsführer, begann den Kongress, indem er die Gesetzgebung der letzten Wochen und Monate zusammenfasste: Das bevorstehende Verbot der Zeitarbeit in der Fleischindustrie am 1. April, könne durch einen "Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den Arbeitgebern der Fleischindustrie  abgemildert werden“. Der iGZ stehe zu diesem Zweck im Austausch mit Vertretern der Fleischindustrie. „Es bestehen Ambitionen, bis zum 1. April zu einem Abschluss zu kommen“, berichtete Dreyer von den Gesprächen. Eine Garantie hierfür gebe es jedoch nicht. Doch auch ein Tarifvertrag schütze nicht vor den neuen Beschränkungen durch das Gesetz wie etwa Equal Pay ab dem ersten Tag. Der iGZ-Jurist erläuterte, warum der Verband hiergegen nicht Klage einreiche: „Da der iGZ selbst keine Mitarbeiter in die Fleischindustrie überlässt, können wir nicht als Beschwerdeführer auftreten. Ich bin mir jedoch sicher, dass qualifizierte Beschwerde eingereicht wird.“ Allerdings rechne er frühestens 2022 mit einer gerichtlichen Entscheidung.

Unterstützung der Politik

Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V., stellte die Frage in den Raum: „Wie nehmen wir nach der Coronakrise wieder Fahrt auf?“ Teilantwort könne die Zeitarbeit bieten, die als Flexibilisierungsinstrument die Wirtschaft beim Wiederaufbau unterstützen könne. Insbesondere im Hinblick auf die angeschlagene hessische Wirtschaft, verlangte Pollert klare, transparente Kriterien im Pandemiemanagement der Regierung. Ohne diese sei keine Planungssicherheit für Betriebe geschaffen. Plötzliche Grenzschließungen hätten beispielsweise zu Unterbrechungen der Versorgungslage und Personalmangel geführt. Die angeschlagenen Betriebe sollen nicht „mit zusätzlicher Bürokratie überfordert“ werden, verlangte der Wirtschaftsexperte. 

Neue Arbeitsmarktgeneration

Prof. Dr. Jutta Rump wies in ihrem Vortrag auf kommende Veränderungen bei der Rekrutierung von Personal hin: die demografische Entwicklung, die durch weniger Nachwuchs und Alterung der Gesellschaft entstehe, die zunehmende Digitalisierung sowie ein wachsendes öffentliches Interesse nach ökologisch engagierten Arbeitgebern. Vor allem für die Digitalisierung habe die Coronakrise „wie ein Brandbeschleuniger gewirkt“ und diese vorangetrieben. Der Bewerbermarkt der Zukunft sei in der Krise ungewiss: „Mit der Rezession kann sich der Arbeitnehmer- schnell zum Arbeitgebermarkt wandeln.“, so die Professorin der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen. Klar sei, dass junge Generationen während und nach der Corona-Krise neue Ansprüche an den Beruf entwickelt hätten. Allen voran stehe die Sicherheit, aber auch der Zeitaufwand und der „Purpose“ – also die Sinnfindung im Beruf – würden an Relevanz gewinnen.

KI bietet Chancen

„Die Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird das Recruiting verändern“, ist sich KI-Experte Andreas Schöning sicher. Der Geschäftsführer der Markenfrische Kommunikation GmbH sieht drei Kernbereiche, die durch maschinelle Unterstützung ergänzt werden könnten: Im Bereich der Kommunikation könnten suchmaschinenoptimierte Stellenanzeigen bereits von einer künstlichen Intelligenz verfasst werden. Beim „Matching“ erweise sich eine Preselektion der Anwerber nach festgelegten Kriterien als sehr hilfreich. Auch erste Interviews könnten maschinell durchgeführt werden, auch wenn die Umsetzung noch in entfernter Zukunft liege. Der Bereich „Workforce“, besonders die Auswertung der Mitarbeiterdaten, sei mithilfe von Maschinen optimierbar, die anhand der statistischen Daten Entscheidungshilfen böten. So habe der Einsatz von KI laut Schöning im Bereich der Vorauswahl und „Assessment-Center“ bereits eine hohe Akzeptanz. Schöning: „Je menschlicher die Bewerbungsphase, desto weniger akzeptiert ist der Einsatz von KI. Der menschliche Kontakt muss auch hier beibehalten werden“.

Förderungen lohnen sich

Wie sich Unternehmen Unterstützung aus Förderprogrammen in Sachen Digitalisierung sichern können, erläuterte Klaus Versmold, zuständig für Sonderprojekte im iGZ-Fachbereich Kommunikation. Die Zuschüsse könnten in Form neuer Hardware, etwa Laptops oder Server erfolgen, aber auch für Computerlizenzen oder Schulungen der Mitarbeiter eingesetzt werden - allerdings nur, solange der Vorrat reicht. Sobald die Fördertöpfe ausgeschöpft seien, sei eine Unterstützung erst ab dem nächsten Ausschüttungstermin möglich. Viele Unternehmen schreckten vor dem Aufwand einer Förderung zurück. Doch Versmold rät trotzdem, sich mit dem Thema zu beschäftigen: „Das Vorantreiben der Digitalisierung endet nicht. Es lohnt sich, sich damit auseinanderzusetzen. Und mit zunehmender Antragstellung werden Sie routinierter, Förderungen zu beantragen.“ Je nach den Landesmaßnahmen hätten Unternehmen verschiedene Fördermöglichkeiten, so Versmold. Bei Fragen und Unklarheiten bietet der Fördermittelexperte seine Unterstützung unter versmold@ig-zeitarbeit.de an.

Zeitarbeit im Wahlkampf

In einer, von Marcel Speker moderierten Talkrunde sprachen Dr. Lutz Meyer, Wahlkampfberater und Kommunikationschef des Verbandes der Automobilindustrie VDA, Andrea Resigkeit, iGZ-Leiterin Fachbereich Politische Grundsatzfragen sowie Johannes Vogel, Sprecher für Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion über die kommende Bundestagswahl und politische Einflussmöglichkeiten der Zeitarbeitsbranche. „Schließlich kommt Zeitarbeit auch in einigen Wahlprogrammen vor“, so iGZ-Politikexpertin Resigkeit (Artikel dazu hier).

Zum Abschluss des Kongresses verwies Marcel Speker auf die kommenden Veranstaltungen im März: Die Verleihung des iGZ-AWARDs am 22. März sowie das Forum Marketing am 23. März. (GB)