Zeitarbeit für Drittstaatler nicht ausblenden

Die Bundesregierung strebt an, das erst im März 2020 in Kraft getretene Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung zu reformieren, um auch mehr Arbeitskräfte aus Ländern außerhalb der EU, sogenannte Drittstaatler, für eine Arbeit in Deutschland zu gewinnen. Dazu haben fünf Ministerien auf Grundlage des Eckpunktepapiers zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten einen Gesetzentwurf vorgelegt. Unter Federführung des Bundesministerium des Innern und Heimat (BMI) sind außerdem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Auswärtige Amt (AA) an dem Gesetzesvorhaben beteiligt.

Keine Reform durch veraltete Mittel

Was die Ministerien bei der Reformierung des Gesetzes zum wiederholten Male immer noch außer Acht lassen, ist die Einbeziehung der Zeitarbeit. Denn gemäß § 40 Absatz 1 Nummer 2 des Aufenthaltsgesetzes ist einem Ausländer aus Drittstaaten die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung von der Bundesagentur (BA) zu versagen, wenn der Ausländer als Zeitarbeitnehmer tätig werden will. Damit die Zeitarbeit dort ihre Expertise einsetzen kann, wo sie mehr denn je benötigt wird, muss der vorliegende Referentenentwurf nachgebessert und das Verbot, als Drittstaatsangehöriger ein Beschäftigungsverhältnis als Zeitarbeitskraft einzugehen, aufgehoben werden.

Drastische Regeln

Die Zeitarbeitsbranche unterliegt bereits seit Jahren drastischen Regeln. Gesetze und Verordnungen, die in der Arbeitnehmerüberlassung Anwendung finden, stehen ständig auf dem Prüfstand. Nicht zuletzt sorgen die Zeitarbeitsbranche und der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) selbst dafür, dass die Bedingungen stimmen. Tarife über dem gesetzlichen Mindestlohn, sozialversicherungspflichtig und die Anwendung des iGZ-Ethikkkodex.

Zeitarbeit nicht ausblenden

Diese Bedingungen, und dass die Zeitarbeitsbranche über einen hohen Erfahrungsschatz und eine gefestigte Expertise im Integrieren und Beschäftigen von Menschen aus dem Ausland verfügt, sollten nicht ausgeblendet werden. Insbesondere das von den Bundesministerien vorgelegte Angebot der Probearbeit und Nebenbeschäftigung im Zusammenhang mit der Chancenkarte findet am besten unter Betreuung und Beratung von Experten, wie beispielsweise den Arbeitgebern in der Arbeitnehmerüberlassung, Anwendung.

Rekrutierungskompetenz

Die Zeitarbeitsbranche besitzt die Kompetenz Menschen aus dem Ausland zu rekrutieren, zu qualifizieren und genau dort zu integrieren, wo sie ihre Arbeit am besten einbringen können. Die Regierung könnte mit der Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes noch mehr erreichen, wenn sie endlich die Bedingungen schafft, Menschen aus Drittstaaten auch mithilfe der Zeitarbeit in Arbeit zu bringen. Bei den Arbeitgebern der Zeitarbeit sind die Menschen in sicheren Händen, davon sollten auch Drittstaatler profitieren können.

Entwurf überdenken

Der iGZ hat in Zusammenarbeit mit dem BAP eine freiwillige Stellungnahme dazu eingebracht, wie die Zeitarbeit, durch die Streichung des § 40 Absatz 1 Nummer 2 Aufenthaltsgesetz, bei der Erfüllung der Ziele des neuen Gesetzes, beitragen könnte. Bis auf wenigen Ausnahmen, in denen eine Anstellung als Zeitarbeitskraft als Drittstaatler möglich ist, lassen die beteiligten Bundesministerien es in dem eingebrachten Gesetzentwurf dennoch zu, die Potentiale der Zeitarbeit durch den besagten Paragrafen zu blockieren. Das Ausmaß des aktuellen Fachkräftemangels beweist, dass die Regierung ihre Ziele nur schwer erreichen wird, wenn sie an veralteten Prinzipien festhält. Für eine tatsächliche Reformierung des Gesetzes würde es sich für die Regierung empfehlen, den vorliegenden Gesetzesentwurf hinsichtlich der Zeitarbeit noch einmal zu überdenken.

Drei elementare Säulen

Das Konzept des angestrebten neuen Gesetzes setzt sich aus den drei Säulen Fachkräftesäule, der Erfahrungssäule und der Potenzialsäule zusammen.

Nach wie vor stellt die Fachkräftesäule das zentrale Element der Einwanderung dar. Sie beinhaltet die Blaue Karte EU, die den Familiennachzug, einen unbefristeten Aufenthalt, den Jobwechsel und die nationale Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit anerkanntem Abschluss begünstigt. Die Erfahrungssäule soll dazu dienen, auch Fachkräften ohne einen vorher formal anerkannten Berufsabschluss die Einwanderung nach Deutschland zu ermöglichen. Mit der Potentialsäule soll die Einführung einer Chancenkarte erfolgen. Mithilfe der Chancenkarte sollen dann auch Menschen die Arbeitssuche ohne einen Arbeitsvertrag in Deutschland aufnehmen können. Die Chancenkarte soll ebenso für attraktive Möglichkeiten für Probearbeit oder Nebenbeschäftigung genutzt werden.

Neuerungen im Gesetz

Folgende Neuerungen sollen unter anderem mit der Einführung eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung umgesetzt werden:

  • Für den Erwerb der Blauen Karte EU sollen die bestehenden Gehaltsschwellen abgesenkt werden.
  • Fachkräfte sollen jede qualifizierte Beschäftigung ausüben dürfen.
  • Formelle Abschlüsse sollen künftig weniger Bedeutung haben als bisher.
  • Für bestimmte Berufe, wie zum Beispiel IT-Spezialisten, soll der Mindestverdienst, der nachgewiesen werden muss, abgesenkt und auf den Nachweis von Deutschkenntnissen verzichtet werden.
  • Regelung der Gleichwertigkeit der Abschlüsse gelockert werden
  • Einführung einer Chancenkarte, beruhend auf einem Punktesystem, die es Zuwanderern ohne Arbeitsvertrag ermöglicht nach Deutschland zu kommen.

Internationaler Wettbewerb

Mit dem weiterentwickelten Gesetz will der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, die Werbung für Deutschland als Einwanderungsland ankurbeln, um dem internationalen Wettbewerb standzuhalten.

29.03.2023

BAP-iGZ-Stellungnahme zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz

29.03.2023

Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung

29.03.2023

Referentenentwurf zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung

Über die Autorin

Maria Kislat

Maria Kislat studierte Philosophie und BWL an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie war bereits während ihres Studiums ein fester Bestandteil im iGZ Fachbereich Politische Grundsatzfragen, wo sie seit September 2022 als Referentin für Public Affairs tätig ist. Ihren Einstieg in die Verbandswelt begann sie bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA).

 


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E-Mail: kislat@ig-zeitarbeit.de

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