Zeitarbeit als Perspektive für Akademiker

Arbeitslosigkeit und Probleme beim Berufseinstieg erfassen zunehmend Deutschlands Akademiker. Ungeachtet der Forderungen von Politik und Wirtschaft nach einheitlichen Lehrstandards, kürzeren Studienzeiten, mehr Praxisnähe und Elite-Universitäten erwartet eine steigende Anzahl von Hochschulabsolventen ein erschwerter Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt.

Wettbewerb wird härter

Der Wettbewerb um immer weniger Arbeitsplätze wird härter. Eröffnet Zeitarbeit hier neue Perspektiven? Kann ein Zeitarbeitsverhältnis mehr sein als eine bloße Notlösung? Welche Erwartungen seitens der Zeitarbeitsfirmen, der Unternehmen und der Akademiker stehen einer gewinnbringenden Zusammenarbeit im Wege? Robin Grüe geht diesen und weiteren grundlegenden Fragen nach. Der Autor präsentiert neue Einsichten und Erkenntnisse über die Einstellung der Hochschulabsolventen zum Berufseinstieg mittels Zeitarbeit und stellt sie denen der Zeitarbeitsfirmen und entleihenden Unternehmen gegenüber. Nach einer Klärung der Rahmenbedingungen (Institutionelles und Organisatorisches) betrachtet der Autor eingangs die Vor- und Nachteile aus unterschiedlichen Perspektiven. Dabei werden neben den direkt Beteiligten (Arbeitgeber, Zeitarbeitsfirma, Zeitarbeiter) auch Gewerkschaftsinteressen oder die politische Sicht betrachtet.

Blick über die Grenzen

Auch der Blick über die Grenzen gehört dazu. Die eigentliche Untersuchung beruht auf einer Befragung, die sich jeweils an die Jungakademiker, die Zeitarbeitsfirmen und die potenziellen Entleiher richtete. Die Auswertung liefert keine wirklichen Überraschungen, enthält jedoch einige Aspekte, die für eine konsequente Entwicklung der Zeitarbeit von Akademikern wichtig und hilfreich sind. Zusammengefasst kommt der Autor zu dem Schluss, dass die Zeitarbeit noch immer durch Kommunikationsdefizite bestimmt wird. So ist das Image bei den Studierenden noch nicht allzu positiv ausgeprägt. Umgekehrt halten sich Absolventen tendenziell für deutlich gefragter als sie wirklich sind.

Selbstbild

Ihr Selbstbild stimmt nicht mit der Bewertung durch die Unternehmen überein. Gerade das Hauptdefizit der Absolventen, ihre fehlende Berufserfahrung, ließe sich durch Zeitarbeit gut kompensieren. Andererseits legen Absolventen großen Wert auf Weiterbildung, einen Bereich, in dem die meisten Zeitarbeitsunternehmen noch Defizite aufweisen. Hier gibt es in Deutschland noch einigen Klärungs- und Handlungsbedarf, bis Zeitarbeit so wertig gesehen wird, wie es z.B. in anderen europäischen Ländern der Fall ist.

Das Buch gibt einige Hinweise, wie die Beteiligten sich hier weiterentwickeln können. Gedacht ist das Buch für Entscheidungsträger in der Zeitarbeitsbranche, in Unternehmen und die Hochschulabsolventen. Ein kleines Defizit ist die fehlende Aktualität. Die meisten Daten stammen aus den Jahren bis 2004, die Befragung selbst ist in der gleichen Zeit entstanden. Zumindest bei der Betrachtung der aktuellen Marktsituation wäre eine deutlich aktuellere Datensammlung wünschenswert gewesen.

RA Werner Stolz
iGZ-Bundesgeschäftsführer