„Wir akzeptieren keine Ungleichbehandlung“

„Corona ist der Faktor, der Recht und Wirtschaft momentan am meisten belastet“ eröffnete Dr. Martin Dreyer, stellvertretender iGZ-Hauptgeschäftsführer, seinen Vortrag beim virtuellen iGZ-Kongress „PERSONAL.PRAXIS.SÜD.DIGITAL.“. Der Rechtsexperte referierte im Livestream vor 150 Zuschauern über die rechtlichen Herausforderungen und Besonderheiten, aber auch die Ungleichbehandlung von Zeitarbeitsunternehmen während der Pandemie.

Zeitarbeitnehmer können weiterhin bis zum 31. Dezember 2021 Kurzarbeitergeld beziehen. Dies habe der Bundestag am 28.Oktober beschlossen, erklärte Dreyer. Diese Regelung gelte allerdings nur für Betriebe, die bis zum 31. März 2021 Kurzarbeit eingeführt haben. Nach diesem Zeitpunkt trete wieder das branchenübliche Risiko der überlassungsfreien Zeit für Unternehmen in Kraft. Ebenfalls bis zum Jahresende 2021 befristet seien die Verlängerung der Bezugsdauer auf 24 Monate, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes bei längeren Bezugszeiten.

Ungleichbehandlung inakzeptabel

Die Befristung der Kurzarbeit für Personaldienstleister kritisierte Dreyer stark: „Wir akzeptieren keine Ungleichbehandlung der Zeitarbeitsbranche.“ Auch Zeitarbeitsunternehmen würden Sozialversicherungsbeiträge zahlen und hätten Ansprüche auf Leistungen, argumentierte der Jurist. „Eine Entfristung halte ich für das absolute Minimum.“ Für die Existenzsicherung von Unternehmen bleibe Kurzarbeitergeld weiterhin notwendig.

Neuanstellungen und Kündigungen

Zu Neuanstellungen rate er nur, wenn der Angestellte unverzichtbar sei. Dies könne beispielsweise eine Fachkraft sein, die für die Fortführung des Betriebes oder einen Auftrag erforderlich ist. Unbedingt müssten die Gründe für die Neueinstellung dokumentieren werden. Bei betriebsbedingten Kündigungen empfahl Dreyer, vorsichtig zu sein: Es gälten erhöhte Anforderungen an betriebsbedingte Kündigungen, da diese einen dauerhaften Ausfall des Beschäftigungsbedarfs voraussetzten.

Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit

Der Urlaubsanspruch in der Kurzarbeit orientiere sich an den zu leistenden Arbeitstagen im Verhältnis zur Fünf-Tage-Woche, erläuterte der stellvertretende iGZ-Hauptgeschäftsführer. Dies bedeute, dass ein Arbeiter, der an vier Tagen je eine Stunde arbeite, mehr Urlaubsanspruch habe als ein Mitarbeiter, der an zwei Tagen Vollzeit tätig sei. 

Überlassungshöchstdauer

Die Überlassungshöchstdauer sei laut Dreyer bei Kurzarbeit gehemmt und laufe demnach – selbst bei einem fortlaufenden Arbeitsvertrag – nicht weiter. Das gelte auch, wenn der Arbeitnehmer länger als drei Monate nicht eingesetzt werde. Die Monatsfrist beim Equal Pay sei ebenso betroffen. Der Referent empfahl in solchen Fällen eine Abmeldung sicherzustellen, da arbeitsrechtlich Risiken bestünden, wenn der Vertrag nicht formell beendet werde.

Erhöhung Kurzarbeitergeld

Bei Arbeitnehmern, die sich länger in Kurzarbeit befinden, gebe es mehrere Stufen für die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. Erhöhungen würden erst in Kraft treten, wenn es im Bezugsmonat zu mindestens 50 Prozent Arbeitszeitreduzierung komme. Bezugsmonate mit weniger als 50 Prozent Arbeitszeitreduzierung führten nicht zu einer Erhöhung, zählten allerdings für die Kurzarbeitergeld-Bezugsdauer.

Homeoffice

Auch während der Coronakrise bestehe ohne vertragliche Grundlage kein Recht oder Zwang zu Home-Office. Laut Dreyer sei ein rechtlicher Anspruch umstritten, werde aber weiterhin diskutiert. Für die beste Lösung halte er ohnehin eine wechselseitige Vereinbarung und Einigung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. (GB)