"Webfehler im Gesetz"
Treffen sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nur alle paar Jahre mit gewetzten Messern und Kampfeslust in den Augen, um für die letzten Prozentpunkte weit hinter dem Komma zu kämpfen? Sven Kramer, stellvertretender iGZ-Bundesvorsitzender und iGZ-Tarifverhandlungsführer, konnte beim iGZ-Landeskongress Nord in Hamburg mit diesem Klischee ganz gelassen aufräumen.
„Wir treffen uns nicht nur nach der Kündigung von Tarifverträgen. Zwischen diesen Verhandlungen gibt´s regelmäßig Treffen mit den Gewerkschaftern - mal im kleinen Kreis, mal in offiziellen Meetings mit allen beteiligten Institutionen.“ Da, so Kramer im Gespräch mit Marcel Speker, iGZ-Fachbereichsleiter Kommunikation und Arbeitsmarktpolitik, werde auch mal geschaut, wie es in zehn Jahren aussehen könnte.
Ziele definiert
„Das Zukunftsziel ist aber für unseren Verband schon definiert. Wir arbeiten in unserer Tarifkommission in Gruppen daran, unserer Kampagne 'Zeitarbeit – eine gute Wahl' Taten folgen zu lassen“, erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende das Procedere in der Praxis.
Arbeitszeitmodelle
Die Rahmenbedingungen allerdings werden laut Kramer grundsätzlich erst einmal von den Tarifpartnern festgelegt. „Wir müssen dabei schauen, wie sich die Arbeitszeit verändert und welche Modelle wir brauchen. Themen der Absicherung etwa müssen dabei auch analysiert werden“, erläuterte der Unternehmer. Man müsse sich mit den Gewerkschaften unter anderem auch Gedanken über eine gemeinsam finanzierte Rente für die Arbeitnehmer machen. „Wenn wir uns jetzt nicht damit beschäftigen und die Forderung kommt dann irgendwann, dann wird´s richtig teuer“, mahnte er zur Weitsicht.
Branchenzuschläge
Beim Thema Branchenzuschläge betonte er, sie seien für die Zeitarbeitsbranche Gold wert, „weil wir Equal Pay tariflich definiert haben, denn sonst gilt das gesetzliche Equal Pay.“ Mit Blick auf die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) habe er einen neuen Trend ausgemacht: „Immer mehr Unternehmen fragen nach Haustarifverträgen – die gelten dann aber nicht für die ganze Branche. Damit wird´s dann aber noch komplizierter. Die Tarifwelt wird zur bunten Landschaft“, zeichnete Kramer die Sachzwänge nach. Zudem stelle sich die Problematik des vergleichbaren Entgelts. „Wir streben weiterhin möglichst viele Branchenzuschläge an, zum Beispiel für den IT-Bereich“, unterstrich der iGZ-Tarifverhandlungsführer.
Webfehler
Die Überlassungshöchstdauer sei ein echter Webfehler im Gesetz, „weil das nur die Kunden mit den Gewerkschaften verhandeln dürfen. Unser Interesse ist es nicht, dass durch dieses Konstrukt die christlichen Gewerkschaften wieder stärker werden“, fand Kramer klare Worte angesichts der AÜG-Reform. Wünschenswert sei eine noch engere Zusammenarbeit mit befreundeten Arbeitgeberverbänden und Kundenunternehmen. „Unser größtes Interesse gilt einheitlichen tariflichen Regelungen für die Zeitarbeitsbranche“, unterstrich er.
Tarifverhandlungen
Mit Blick auf das Auslaufen der Gültigkeit des Tarifvertrags stellte Kramer fest: „Wenn der Entgelttarifvertrag nächstes Jahr gekündigt wird, ist zu erwarten, dass auch an Schrauben gedreht wird, an denen schon lange nicht mehr gedreht wurde“, spielte er auf die noch bestehenden Unterschiede der BAP- und iGZ-DGB-Tarifverträge an und nannte unter anderem die Differenz beim Arbeitszeitkonto als Beispiel. Änderungen beim Manteltarifvertrag seien stets die größere Herausforderung, weil sich dabei alle Gewerkschaften zu Wort melden und ihre Ideen einbringen würden.
VGZ-Änderungen
Auch zur Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ) wusste der stellvertretende Bundesvorsitzende des iGZ Neues zu berichten: „In der VGZ wird´s Änderungen geben. Die Verhandlungsführung wird laut VGZ-Vertrag zum iGZ wechseln. Wir werden uns dann in der VGZ erstmal wieder neu strukturieren und finden.“ (WLI)