Viele praktische Impulse für den Zeitarbeitsalltag
„Ich schaue in volle Reihen“, freute sich iGZ-Geschäftsführer Dr. Martin Dreyer bei der Begrüßung der rund 300 Teilnehmer des 7. Potsdamer Rechtsforums. Auch nach Inkrafttreten der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) sei das Interesse an rechtlichen Einordnungen und Hinweisen offenbar ungebrochen, so Dreyer.
Herausforderungen gebe es nach wie vor zur Genüge. Dreyer erinnerte zum Beispiel an das generelle Verbot, Drittstaatler in der Zeitarbeitsbranche zu beschäftigen. „Da gibt es nicht einmal Spielraum für Einzelfallentscheidungen“, bedauerte Dreyer. Besonders vor dem Hintergrund, dass fast 30 Prozent aller arbeitenden Asylbewerber in der Zeitarbeit beschäftigt seien, sei das absolut nicht nachvollziehbar. „Neben EU-Bürgern und Asylbewerbern könnten wir auch Drittstaatlern eine berufliche Perspektive bieten“, betonte Dreyer. Die aktuelle Regelung diskriminiere die gesamte Branche.
Weniger Klagen eingegangen
Insgesamt sei die Anzahl der eingehenden Klagen in erster Instanz rückläufig, verriet Dr. Mario Eylert, Vorsitzender Richter des 4. Senats am Bundesarbeitsgericht. Im Jahr 2015 habe es weniger als 400.000 neue Klagen gegeben. Im den 2000er Jahren seien es noch rund 600.000 gewesen. „Davon beschäftigen sich nur sehr wenige mit der Zeitarbeit“, stellte er klar.
Problem anders lösbar?
In seinem Vortrag ging er unter anderem auf Kündigungsklagen ein. Grundsätzlich sei eine Kündigung natürlich eine sehr zielführende Problemlösung. Zuvor müsse aber immer die Verhältnismäßigkeit geprüft werden. „Fragen Sie sich zuvor: Ist das Problem anders lösbar?“, riet der Bundesarbeitsrichter. Sonst könne es im Anschluss rechtliche Folgen geben.
Teilzeitfalle mildern
Die Idee der geplanten Änderungen im Teilzeit- und Befristungsrecht sei ja nicht schlecht – die Umsetzung jedoch nur mäßig gelungen, meinte Prof. Dr. Martin Franzen, Ludwig-Maximilians-Universität München. Gerade Frauen würden ihre Arbeitszeit reduzieren, um mehr Zeit für die Kinderbetreuung zu haben. Häufig sei eine spätere Wiederaufstockung der Arbeitszeit schwierig. Das führe zu einer niedrigeren Frauenerwerbsquote und somit zu einem geringeren Durchschnittsgehalt von Frauen. „Man kann hier schon von einer Teilzeitfalle sprechen“, so Franzen.
Personalpolitik erschwert
Problem: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehe als Ziel nicht im Gesetzestext. Somit könne jeder seine Arbeitszeit verkürzen, ob er sich nun mehr Freizeit wünsche oder womöglich mehr Zeit für seinen Nebenjob. Gleichzeitig habe es der Gesetzgeber den Unternehmen schwerer gemacht, flexibel auf Personalschwankungen zu reagieren – zum Beispiel durch die Einführung der Höchstüberlassungsdauer.
Weitere Themen
Außerdem setzten sich Stefan Sudmann, iGZ-Fachbereichsleiter Arbeits- und Tarifrecht, und Constanze Maier-Buck, Juristin bei der Partner Orange Unternehmensgruppe, mit den Folgen der AÜG-Reform auseinander (zum separaten Artikel). Prof. Dr. Volker Lüdemann, Professor für Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht an den Hochschule Osnabrück, gab Praxistipps zum Datenschutz (zum separaten Artikel). Prof. Dr. Clemens Höpfner, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, referierte zur zeitlichen Abgrenzung des Einsatzes und der Überlassung von Zeitarbeitnehmern (zum separaten Artikel).
Arbeitsrecht im Fokus: 7. Potsdamer Rechtsforum vom iGZ
10.09.2018
Rund 250 Personaldienstleister kamen zum 7. Potsdamer Rechtsforum vom iGZ und informierten sich über aktuelle rechtliche ...
Abschied Sudmann
Sein Schlusswort nutzte iGZ-Geschäftsführer Dr. Martin Dreyer nicht nur dazu, die Höhepunkte des 7. Potsdamer Rechtsforums zusammenzufassen. Seinen speziellen Dank richtete er an Stefan Sudmann, iGZ-Fachbereichsleiter Arbeits- und Tarifrecht. Sudmann wird den iGZ Ende September auf eigenen Wunsch verlassen. „In den vergangenen 14 Jahren sind viele rechtliche und tarifliche Stürme durch die Zeitarbeitsbranche geweht, die du mit Bravour gemeistert hast. Wir alle werden deine fachliche Kompetenz und deine Empathie vermissen“, bekräftigte Dreyer. (ML)