Verbandsneugründung nach Reißverschlussprinzip
„Wir gehen zusammen wie ein Reißverschluss" – Das bestimmende Thema des 15. VBG-Branchentreffens Zeitarbeit 2023 im Landschaftspark Duisburg war die Verbandsneugründung des „Gesamtverbands der Personaldienstleister", der aus dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) hervorgehen soll. Dazu standen die beiden Hauptgeschäftsführer Florian Swyter (BAP) und Werner Stolz (iGZ) im Gespräch mit Kay Schumacher, VBG-Hauptgeschäftsführer, Rede und Antwort.
„Wir gehen zusammen wie ein Reißverschluss. Es greift alles ineinander und wir übernehmen nur die Stärken des jeweils anderen – best of both worlds"
- Werner Stolz, iGZ-Hauptgeschäftsführer
Eine Branche im Wandel
Moderatorin Sandra Herz, die bereits 2021 das digitale Branchentreffen moderierte, eröffnete die Veranstaltung gemeinsam mit dem VBG-Gastgeber der Region, Hendrik Hillebrand-Hüter, Leiter der Bezirksverwaltung Duisburg. Sie besprachen den Wandel der Branche der letzten Jahre, in der Zeitarbeit sowie für die VBG. Die Branche hätte in der Vergangenheit gezeigt, dass sie sich auch durch Krisen nicht unterkriegen ließe, so Hillebrand-Hüter. Er sprach sich mit Blick auf die Fleischverarbeitende Industrie deutlich gegen das Verbot in manchen Spaten aus.
Lob für Arbeitssicherheit der Zeitarbeitsbranche
Kay Schumacher, VBG-Hauptgeschäftsführer, gab einen Einblick in den Wandel der VBG und die Optimierungsprozesse der Digitalisierung. Das Ausbleiben der Arbeitskräfte träfe die Versicherung genauso wie jedes andere Unternehmen auf dem deutschen Arbeitsmarkt, was laut Schumacher auch durch technische Mittel ausgeglichen werden müsse. Er appellierte an die Politik die Konjunktur im Griff zu halten, denn die stetig steigenden Kosten vom Mieten und Energie ließen sich nur bedingt intern bei den Unternehmen umlegen. Schumacher lobte in seinem statistischen Rückblick insbesondere die Arbeitssicherheit in der Zeitarbeitsbranche, was sich in den Zahlen der Arbeitsunfälle von Personaldienstleistungsunternehmen zeige.
Auf und Ab mit positivem Trend
Im Gespräch zwischen Schumacher, Werner Stolz, iGZ-Hauptgeschäftsführer, und Florian Swyter, BAP-Hauptgeschäftsführer, stellte Herz Frage gestellt: „Hat sich die Diskriminierung der Branche gewandelt?“ Stolz gab sich mit Rückblicken zum Auf und Ab der Branche äußerst positiv. Es ginge bei all den Verhandlungen und stetigem für und wider dennoch stets voran: „Der Pfeil geht nach oben“, so Stolz. Auch Swyter beurteilte die Prozesse in der Personaldienstleistungsbranche als eine „Achterbahnfahrt“, wobei Erfolge und Fortschritt in den letzten zehn Jahren durch eine Professionalisierung der Zeitarbeit deutlich zu erkennen sei.
ChatGPT gefragt
„Welche Herausforderungen kommen auf die Zeitarbeitsbranche in Zukunft zu?“, stellte Herz die Frage an die KI ChatGPT. Die verkürzte Beurteilung der künstlichen Intelligenz: Steigende Konkurrenz, Demographischer Wandel und Fachkräftemangel. Es müsse zudem gleichzeitig Flexibilität und Einheit der Branche gewahrt werden.
Stärken in einem Verband bündeln
Swyter griff dazu die geplante Verbandsneugründung auf: Einheitlichkeit zu schaffen sei schon vor dem Einsatz von KI ein Thema gewesen. Auch Stolz zeigte sich sehr optimistisch zur Verbandsneugründung: Das beste beider Welten würde allen Mitgliedern ein sehr viel umfangreicheres Angebot bieten, was die Branche als ganzes nicht bloß stärke, sondern nachhaltig mit einer Stimme sprechen ließe.
VBG steht hinter Verbandsneugründung
Schumacher beurteilte das Vorhaben ebenfalls als lobenswert. Die Branche sei schon lange nicht mehr das, was ihr teilweise noch vorgeworfen würde und die Vorurteile seien mehr als überholt, so Schumacher. Er gab zu bedenken, dass der Zusammenschluss wohl bedacht durchgeführt werden müsse, was er den beiden Verbänden allerdings mehr als zutraue. Auch das Publikum gab eine positive Resonanz zum Plan der Neugründung.
Umwelt und Nachhaltigkeit auch Thema für VBG
Nachhaltigkeit sei „nicht nur Recycling und die Heizung runter drehen“, so Schumacher. Es müsse auch mit Blick auf Unternehmensstrukturen nachhaltig gehandelt werden, was auch auf Verbände zutreffe. Dennoch müsste im Arbeitsalltag unbedingt auf umweltfreundliche Alternativen umgestiegen werden, die VBG setzte beispielsweise in der Mobilität möglichst viel auf die Bahn.
Herausforderungen der Zukunft
In einer Publikumsumfrage wurde ein Stimmungsbild zu den größten erwarteten Herausforderungen für die Zeitarbeitsbranche gezeichnet. Der Fachkräftemangel wurde im Kern des Schaubildes von den meisten Anwesenden genannt. Swyter forderte daher erneut, dass das geplante Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch die Personaldienstleister mit einbeziehe. Stolz gab den Anstoß, dass sowohl ältere Menschen, Behinderte und auch mehr Frauen in die Branche geholt werden müssten, was ein Ansatz zur Bekämpfung des Fachkräftemangels seien könnte, bei dem nicht erst auf den Gesetzgeber gewartet werden müsse.
Gefahrenabsicherung rechnet sich
Matthias Michaelis, VBG-Ressortleiter Mitgliedschaft, erläuterte die Berechnung der VBG-Beiträge und des neuen Gefahrtarifs. Besonders das Vorschussverfahren stelle seinen Systemwandel in der VBG dar. Das Einzahlen des Gefahrentarifs sei besonders bei der Überlassung in das produzierende Gewerbe, als eine arbeitsschutztechnisch gefährliche Branche, eine notwendige Absicherung.
Prämien für Arbeitsschutz
Die Neuerungen im Bereich der VBG-Prämien präsentierte Kerstin Weber-Khodja, VBG-Sachgebietsleiterin Anreizsysteme. Investitionen in Arbeitsschutzmaßnahmen, Sprachkurse zum besseren Verständnis von Arbeitsschutzmaßnahmen, oder auch die Ausstattung von Arbeitnehmern mit Schutzkleidung können durch das Beantragen von Prämien bei der VBG anteilig zurückerstattet werden. Das neue Programm VBG-Next ruft zur Einrechnung von weiteren Ideen und Maßnahmen zur Steigerung des Arbeitsschutzes an.
Psychische Erkrankungen frühzeitig erkennen
Rüdiger Hitzemann, Stellv. VBG-Sachgebietsleiter Zeitarbeit DGUV, stellte dem Plenum das Tool ZeBRA vor. Es könne zur Befragung von Mitarbeitern über die psychische Gesundheit genutzt werden. Dieses sensible Thema sei schwierig anzusprechen, dabei aber ein immer stärker wachsender Faktor bei Ausfällen auf Grund von psychischen Erkrankungen. Die Umfrage sei auf Zeitarbeitnehmer optimiert, so dass in 35 Fragen ein seriöses Bild zur psychischen Gesundheit erstellt werden könne, so Hitzemann.
Flexibel und gesund durch agiles Arbeiten
Agiles Arbeiten stand im Fokus des Vortrags von Dr. Monika Keller, VGB-Arbeitspsychologin. Sie hat untersucht, welche Aspekte agiler Arbeit die Gesundheit fördern können. Dazu betrachtete sie in einer branchenübergreifenden Studie Vor- und Nachteile verschiedener agiler Arbeitsmethoden. Dr. Christian Brockschnieder, Abteilungsleitung Arbeits- und Gesundheitsschutz und Prozessmanagement im iGZ-Mitgliedsunternehmen Piening GmbH, berichtete dazu aus seinem Unternehmen, wie agile Prozesse dabei helfen können schnell auf Änderungen zu reagieren. Das sei bei Piening besonders in der Pandemie zutragen gekommen, so Brockschieder.
Zeitarbeit perfekt für junge Menschen
Mit dem abschließenden Vortrag „Am Puls einer jungen Generation - Generation Y & Z als Treiber für neues Denken und Handeln in der Zeitarbeit“ von Dr. Steffi Burkhart gab sie einen Impuls für die Personalgewinnung in der näheren Zukunft. Laut Burkhart sei der demographische Wandel die treibende Kraft dahinter, dass Personen der jungen Generationen Y, Z und Alpha im Jahr 2035 mindestens 75 Prozent der Arbeitnehmer stellen würden. Deren flexibler Lebensstil sei allerdings besonders kompatibel mit dem Model der Zeitarbeit. Daher würde die Personaldienstleistungsbranche in Zukunft attraktiv auf junge Arbeitnehmer wirken, begründete Burkhart.
- Hendrik Hillebrand-Hüter, Leiter der Bezirksverwaltung Duisburg
- Florian Swyter, BAP-Hauptgeschäftsführer
- Werner Stolz, iGZ-Hauptgeschäftsführer
- Matthias Michaelis, VBG-Ressortleiter Mitgliedschaft
- Kerstin Weber-Khodja, VBG-Sachgebietsleiterin Anreizsysteme
- Rüdiger Hitzemann, stellv. VBG-Sachgebietsleiter Zeitarbeit DGUV
- Dr. Monika Keller, Arbeitspsychologin
- Kay Schumacher, VBG-Hauptgeschäftsführer
- Dr. Steffi Burkhart, Expertin für New Work, Gen Y & Z, Change- & Talent-Management
- Sandra Herz, Moderatorin und Konferenz-Dramaturgin
- Dr. Christian Brockschnieder, Abteilungsleitung Arbeits- und Gesundheitsschutz und Prozessmanagement Piening GmbH