Unmut über neue Vorsorgeverordnung
Bei einem Vorsorgegespräch gehe es zunächst einmal darum, den Arbeitnehmer über die Wechselwirkungen zwischen Arbeit und Gesundheit aufzuklären, erläuterte Dr. Markus Sander, Arbeitsmediziner bei der VBG Bezirksverwaltung Berlin. Nur wenn der Arbeitnehmer zustimme, würden anschließend Untersuchungen folgen. „Darum sprechen wir auch nur noch von Vorsorge, nicht mehr von einer Vorsorgeuntersuchung“, machte Sander deutlich.
Informationelle Selbstbestimmung gestärkt
„Ziel der Novellierung war es unter anderem, die informationelle Selbstbestimmung der Arbeitnehmer zu stärken“, erklärte er. Das sei wichtig, um das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Arbeitnehmer nicht zu gefährden. Der Arbeitgeber erfahre darum auch nicht, ob im Rahmen der Vorsorge auch Untersuchungen durchgeführt worden seien und zu welchem Ergebnis der Mediziner gekommen sei – selbst dann nicht, wenn der Mediziner einen Arbeitsplatzwechsel empfehle.
Problem für Arbeitgeber
Genau hier sah Martin Gehrke, stellvertretender iGZ-Bundesvorsitzender, das Problem an der neuen Verordnung. „Wenn einer meiner Mitarbeiter zum Beispiel mit Atemschutz arbeiten soll, dann schicke ich ihn vorher zur Vorsorge. Wenn ich aber keine Bescheinigung bekomme, ob der Mitarbeiter dafür geeignet ist, und der Mitarbeiter selbst mir nicht erzählen möchte, dass er nicht geeignet ist – dann schicke ich ihn doch im Einsatz direkt in den Tod!“, malte er ein mögliches Negativszenario.
Unterschied zu Eignungsuntersuchungen
„Das ist tatsächlich ein Problem, auf das auch wir vor der Novellierung aufmerksam gemacht haben“, stimmte ihm Dr. Andreas Sommerfeld, VBG-Arbeitsmediziner in der Bezirksverwaltung Duisburg, zu. Leider sei das aber nicht beim Gesetzgeber angekommen. Sommerfeld erklärte in diesem Zusammenhang den Unterschied zwischen der Vorsorge und einer Eignungsuntersuchung. „Für manche Arbeitsplätze ist eine medizinische Eignungsuntersuchung gesetzlich vorgeschrieben, beispielsweise bei Zugführern oder Arbeitsplätzen mit Absturzgefahr“, verdeutlichte er. In dem Fall erhalte der Arbeitnehmer die Bescheinigung nur dann, wenn aus medizinischer Sicht nichts dagegenspreche. Bei der Vorsorge gehe es aber primär um Aufklärung und Beratung. (ML)