Umworbene Pflegefachkräfte

Ein Medizinstudent, der mit Nachtwachen sein Studium finanzieren möchte. Eine alleinerziehende Krankenschwester, die wegen der Kinderbetreuung nur noch Frühdienste übernehmen kann. Ein zugezogener Anästhesist, der so schnell wie möglich einen Job braucht. Fachkräfte, die in der Zeitarbeit besser aufgehoben sind, weil dort die starren Strukturen des Personalmanagements in der Pflegebranche aufgebrochen werden. Und: Kliniken und Pflegedienste suchen händeringend Mitarbeiter.

Dies hat die Analyse von 350 Stellenangeboten für Pflegefachkräfte in der Kranken-, Alten- und Kinderpflege ergeben. Allerdings sind die Aufgaben im Vergleich zu vor fünf Jahren deutlich anspruchsvoller geworden und Arbeitgeber erwarten neben Kenntnissen in bestimmten Fachgebieten eine hohe Lernbereitschaft bei Bewerbern.

Pflegekräfte begehrt

Pflege spielt in allen Lebensphasen von der Versorgung direkt nach der Geburt bis zur Betreuung im Alter eine wichtige Rolle. Entsprechend begehrt sind Pflegefachkräfte. Im Rahmen des DEKRA Arbeitsmarkt-Reports 2016 wurden 350 Stellenangebote analysiert, um zu erfahren, welche Aufgaben die neuen Mitarbeiter erwarten und welche Fähigkeiten und Kompetenzen sie dafür benötigen, schreibt die DEKRA in einer Pressemitteilung.

Bedarf steigt stetig

Um über 400 Prozent ist der Anteil der Zeitarbeit seit 2005 in der Gesundheitsbranche gestiegen – der Personalbedarf steigt stetig, und die öffentlichen Mittel fließen kontinuierlich spärlicher in Krankenhäuser und Pflegeheime. Waren am 31. Dezember 2005 insgesamt 6.073 Zeitarbeitskräfte in Gesundheitsdienstberufen im Einsatz, betrug die Anzahl zum 30. Juni 2011 bereits 25.045 Arbeitskräfte. Selbst von der Wirtschaftskrise 2008/2009 blieb Zeitarbeit in der Gesundheitsbranche vollkommen unberührt.

Boomender Sektor

Die Nachfrage boomte sogar noch weiter: Zum 20. Juni 2008 registrierte die BA 14.984 Zeitarbeitskräfte in der Gesundheitsbranche, im Dezember 2009 waren es 21.799 Beschäftigte. Anschließend strukturierte die BA die Aufteilung nach Branchen neu und fasste diesen Dienstleistungssektor in „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“ zusammen. Mit Stand 30. Juni 2012 wurde dafür die Gesamtzahl 48.328 ausgewiesen. Zum Stichtag 30. Juni 2015 arbeiteten dann 53.194 Zeitarbeitskräfte in der Gesundheitsbranche. Im Vergleich zu 2014 bedeutet das erneut ein großes Plus von 8,6 Prozent.

2,8 Millionen Mitarbeiter

Nichts desto trotz spielt die Zeitarbeit angesichts der Gesamtzahl der Beschäftigten – im Gesundheitswesen arbeiten rund 2,8 Millionen sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter – mit 16 Prozent nur eine untergeordnete Rolle.

Bedarf an Spezialkenntnissen steigt

Drei von vier Offerten benennen Tätigkeiten, für die Kandidaten idealerweise spezielle Berufserfahrung oder entsprechende Weiterbildung mitbringen. Am häufigsten erwähnen sie die Intensivpflege (21,1 Prozent) und die Altentherapie bzw. Aufgaben, die in den Bereich der Gerontologie fallen (20 Prozent). Letztere beschränken sich nicht auf Mitarbeiter in der Altenpflege, sondern finden sich auch in Job-Angeboten für Gesundheits- und Krankenpfleger. Angesichts immer älterer Patienten, die auch dement sein können, benötigen Kliniken ebenfalls speziell qualifiziertes Personal.

„Klare Trennung zwischen Fachrichtungen verschwimmt“

„Stellenprofile beinhalten heute viel mehr übergreifende und spezielle Aufgaben als dies vor fünf Jahren der Fall war. Fachkräfte in den Pflegeberufen müssen deshalb sehr viel breiter qualifiziert sein als in der Vergangenheit“, erläutert Dr. Peter Littig, Bildungspolitischer Berater der Geschäftsführung bei der DEKRA Akademie, die Ergebnisse. „Infolge der demografischen Entwicklung verschwimmt die klare Trennung zwischen den einzelnen Fachrichtungen. Insofern ist es nur konsequent, die Reform der Pflegeberufe anzugehen.“