Tarifverhandlung wirft Schatten voraus

Es war die Frage aller Fragen beim 13. ES-Unternehmerforum in Bad Nauheim: Was steht auf der Agenda der Tarifverhandlungen, wenn das auslaufende iGZ-BAP-DGB-Tarifvertragswerk in diesem Jahr gekündigt wird. Indes, eine klare Antwort bekamen die Teilnehmer im ausverkauften Saal von keiner Seite zu hören.

„Ich könnte jetzt eine halbe Stunde lang etwas erzählen, ohne etwas zu sagen“, landete etwa iGZ-Hauptgeschäftsführer Werner Stolz augenzwinkernd einen Seitenhieb auf IG BCE-Gewerkschaftssekretär Bernd Stahl, der vor ihm geredet hatte. Gleichzeitig betonte Stolz aber: „Wir haben aber eine echte Vertrauenskultur und werden sicherlich auch in diesem Jahr wieder eine Verhandlungslösung finden.“

Manteltarif

Er kündigte an, der Manteltarif werde ebenfalls verhandelt. „Ich bin ganz gelassen. Die Forderungen müssen auf den Tisch gelegt und dann muss verhandelt werden, was machbar ist. Irgendwann werden die Unterschriften darunter stehen.“ Edgar Schröder ergänzte: „Ein vernünftiger Gesamttarifvertrag wird sicherlich dabei herauskommen, weil auch die Gewerkschaften so etwas wollen. Geduld ist wichtig, denn die Musik spielt hinter verschlossenen Türen.“

Zwiespältiges Image

In seinem Vortrag sprach der iGZ-Hauptgeschäftsführer über mögliche Formen der Verbesserung der Branchenakzeptanz. Das Image der Branche, so Stolz, sei ambivalent. „Es ist immer eine Frage der Betrachtungsweise und des -winkels, wie man Zeitarbeit sieht“, erläuterte er. Der iGZ habe das Umfrage-Institut Allensbach beauftragt, die Bevölkerung zu fragen. Im Ergebnis ließ sich laut Stolz feststellen, dass das negative Image unter anderem auch damit zusammenhänge, dass viele Kundenunternehmen sehr gut mit Zeitarbeit leben könnten. „Die Akzeptanz der Branche läuft über gesetzliche, tarifliche und eigene Gestaltungswege“, zog der iGZ-Hauptgeschäftsführer sein Fazit.

Tarifverträge

Als Branche müsse die Zeitarbeit dahin kommen, wie andere Branchen wahrgenommen werden, erinnerte er an die Aussage des ehemaligen Tarifverhandlungsführers der Gewerkschaften, Reinhard Dombre. Ausdruck eines guten Images seien eben auch die Tarifverträge, erinnerte er an die nächste Tariferhöhung zum 1. April. Positiv wahrgenommen werden laut Stolz zudem die Branchenzuschlagstarifverträge: „Der iGZ hat schon immer vorgeschlagen, über alle Branchen hinweg einen Zuschlags-Tarifvertrag hinzubekommen“, erläuterte er den Status quo – bislang existieren die Branchenzuschläge nur für elf Branchen.

Universeller Zuschlag

„Voraussetzung“, so der Hauptgeschäftsführer, „wäre der politische Wille dafür. Dieses Ansinnen sollte nicht weiter von einigen Gewerkschaften blockiert werden“, appellierte er für eine Zusammenarbeit. Damit stieß Stolz auch auf offene Ohren bei Bernd Stahl: „Für Branchen ohne Zuschlag sollten wir einen universellen Branchenzuschlags-Tarifvertrag entwickeln. Wir als IG BCE brauchen keine Höchstüberlassungsdauer, wenn das Entgelt so gestaltet ist, dass es in Richtung Entlohnung in der Industrie geht“, betonte der Gewerkschafter.

Mensch im Mittelpunkt

Den Wunsch Stahls, mehr Betriebsräte in Zeitarbeitsunternehmen einzurichten, deutete Stolz „eher als gut gemeintes Signal“. Thema sei aber wohl vorrangig Organisieren von Mitsprache.  „Vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen steht aber eher die Betreuungssituation im Vordergrund. Der Mensch steht im Mittelpunkt, und das persönliche Begleiten der Mitarbeiter in der Zeitarbeit ist vorbildlich“, lieferte der iGZ-Hauptgeschäftsführer ein klares Statement ab. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Möglichkeiten, die die Zeitarbeitsbranche selbst habe. Stolz nannte dazu den Ethikkodex des iGZ und die Arbeit der unabhängigen Kontakt- und Schlichtungsstelle (KuSS). Das seien quasi Betriebsratsstrukturen und damit eine echte Alternative für Zeitarbeitnehmer.

Evaluation 2020

Kurtz berichtete Stolz noch über ein erstes Vortreffen zur AÜG-Evaluierung 2021 mit Vertretern des Bundesministeriums, der Gewerkschaften, der Bundesagentur für Arbeit (BA) und den Vertretern der Zeitarbeitsverbände BAP und iGZ. Unter anderem seien vom iGZ die vorab errechneten Kosten für den vermehrten Bürokratieaufwand durch die AÜG-Reform in Höhe von 450.000 Euro thematisiert worden. Stolz: „Das hielten wir für viel zu niedrig und haben nachgefragt.“ Das Statistische Bundesamt habe darauf einen Fragebogen erstellt, „und den schicken wir jetzt allen Mitgliedsunternehmen zur Beantwortung zu, um die echten Kosten zu ermitteln“, kündigte er an. Mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunft der Zeitarbeit - Evaluierung des AÜG - Neue Tarifnormen ab 2020“ endete das Unternehmerforum. (WLI

09.06.2022

Vortrag Stolz ES-Unternehmerforum 2019