"Tarifautonomie unbedingt erhalten"
Rechtsberatung professionell präsentiert – Eric Odenkirchen, iGZ-Fachbereichsleiter Arbeits- und Tarifrecht, stellte beim neunten iGZ-Rechtsforum in Potsdam den 200 Teilnehmern aktuelle Themen aus der Rechtsberatung vor. Moderiert wurde diese Inforunde – wie die gesamte Veranstaltung auch – von Jens Issel, Leiter der iGZ-Kommunikationsabteilung.
Corona, merkte Odenkirchen zum Auftakt an, sei auch juristisch eine echte Herausforderung für den Fachbereich Arbeits- und Tarifrecht. Zunächst habe ein Vakuum existiert, was Coronaregeln anging. Als Beispiel nannte er die Allgemeinverfügung in Schleswig-Holstein, die unter anderem eine Einreisebeschränkung und die Testpflicht für Zeitarbeitsbeschäftigte beinhaltete.
Allgemeinverfügung gekippt
„Die Ermächtigungsgrundlage war nicht richtig, und ein iGZ-Mitglied legte dann Widerspruch ein“, blickte der iGZ-Fachbereichsleiter zurück. Der Termin vor Gericht habe schließlich erst stattgefunden, als die Verfügung schon nahezu ausgelaufen war. Nachträglich sei sie dann für nichtig erklärt worden.
Ruhetag zu Ostern
„Wir haben auf eine bundeseinheitliche Regelung gehofft“, erinnerte sich Odenkirchen. Dann sei der „Ruhetag zu Ostern“ definiert worden – und wurde zu guter Letzt von der Bundeskanzlerin gekippt. „Die Coronazeit war sehr schnelllebig und kurzfristig“, erläuterte der Jurist in diesem Zusammenhang.
Testpflicht
Aktuell werde das Thema „Testpflicht“ virulent, weil es die Tests bald nicht mehr kostenfrei geben werde. „Die Arbeitgeber müssen aber weiterhin zwei Tests pro Woche anbieten oder es gilt beim Kunden die 2G-Regel“, erläuterte er das Procedere. Die Impfpflicht sei nach wie vor kein Thema, betonte Odenkirchen. Wenn sich ein Mitarbeiter nicht impfen lassen wolle und er sei dadurch nicht mehr einsetzbar, drohe die Kündigung als unmittelbare Folge. Diskutierbar sei hingegen die Variante, dass ein Kundenunternehmen PCR-Tests akzeptiere. Es bestehe allerdings keine Mitteilungspflicht gegenüber dem Kunden und der Kunde habe auch kein Fragerecht.
Kurzarbeitergeld befristet
Zur Kurzarbeit verwies Odenkirchen darauf, dass die Regel wieder befristet und für Neuanträge immer wieder verlängert wurde. Es gebe indes ganz offensichtlich auch andere Gründe, die zu Kurzarbeit führen, wie etwa der Halbleitermangel oder das Hochwasser, das auch zahlreiche Arbeitsplätze zerstörte.
Ost-West-Angleichung
In Sachen Tarifvertrag nannte er die Ost-West-Angleichung der Entgelte seit April 2021. Auch die Branchenzuschlagstarifverträge seien geändert worden, weil es einige kritische Punkte gegeben habe. Im Ergebnis habe man sich mit der IG Metall geeinigt. Der Einsatzbetrieb müsse nun tarifgebunden sein.
Sektorales Verbot
Das sektorale Verbot in der Fleischwirtschaft stand ebenfalls auf der Agenda der Info-Runde: „Wir gehen davon aus, dass wir nächstes Jahr Nachricht aus Karlsruhe bekommen“, richtete Odenkirchen den Blick nach vorn. Die Fleischwirtschaft habe mittlerweile einen eigenen Tarifvertrag abgeschlossen. Zeitarbeit sei dadurch in eingeschränktem Maß wieder möglich. Diese neue gesetzliche Regelung ist nur eine von vielen gesetzlichen Schranken, mit denen die Zeitarbeitsbranche zu kämpfen hat: „Die Tarifautonomie ist ein ganz wichtiges Gut, das unbedingt erhalten werden muss“, betonte der Jurist mit Blick auf die Ergebnisse der jüngsten Bundestagswahl und das von einigen Parteien geforderte gesetzliche Equal Pay ab dem ersten Tag.
Höhere Halbwertzeiten
„Tarifliche Regelungen haben deutlich höhere Halbwertzeiten als Gesetze. Die Arbeitszeitregelung, wie sie heute noch gilt ursprünglich von Tarifpartnern ausgehandelt“, nannte Odenkirchen ein Beispiel. In einer anschließenden Fragerunde konnten dann die Teilnehmer ihre Fragen stellen. (WLI)