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Tarifautonomie hat Branche nach vorn gebracht

„Gut gemeint, schlecht gemacht“, kommentierte jetzt Dieter Traub, Geschäftsführer des iGZ-Mitgliedsunternehmens Orizon, den Referentenentwurf zur Neuregelung der Zeitarbeitsbranche im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Im Interview mit der Wirtschaftswoche äußerte er sich zu den Plänen, die Überlassungsdauer auf 18 Monate zu beschränken und nach neun Monaten Equal Pay zu zahlen.

Die Politik, so der Geschäftsführer, sollte wirtschaftliche Rahmenbedingungen stellen, aber nicht so unkundig in Wirtschaftsprozesse und Tarifverträge eingreifen. „Die aktuellen Gesetzesänderungen bringen niemandem Verbesserungen, greifen in das Tarifrecht ein und schließen die Zeitarbeit weitgehend aus“, kritisierte Traub im Interview mit der Wirtschaftswoche.

Streikverbot

Lediglich das Einsatzverbot von Zeitarbeitnehmern als Streikbrecher sei richtig und wichtig. Die überwiegende Mehrheit von Personalunternehmen praktiziere allerdings längst dieses Verbot, verwies er auf die tariflichen Regelungen.

Maßnahmen ungeeignet

Der Referentenentwurf beinhalte ansonsten gravierende Eingriffe in die Tarifautonomie. „Gerade in der Zeitarbeit“, so der Geschäftsführer, „haben die Tarifpartner die Branche in den letzten Jahren weit nach vorne gebracht.“ Die vorgesehenen Maßnahmen seien nicht geeignet, die Arbeitnehmerüberlassung als flexibles Instrument zu erhalten. Eine Umsetzung des Entwurfs würde genau das Gegenteil bewirken.

Equal Treatment

Im Referentenentwurf werde von „Equal Pay“ gesprochen: „Die Zeitarbeitnehmer sollen nach spätestens neun Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern gleichgestellt sein, bei Vorliegen eines Branchenzuschlags-Tarifvertrags nach zwölf Monaten. Das wäre ok“, so Traub. Allerdings werde im Referentenentwurf nicht nur eine Gleichbezahlung, sondern eine vollständige Gleichbehandlung, also ein Equal Treatment, verfügt. Danach seien laut Traub alle geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen zu gewähren. Das betreffe also auch Zusatzleistungen wie etwa Sonderurlaub, Kindergarten, betriebliche Altersvorsorge bis hin Aktienoptionen.

Wertausgleich

„Diese Zusatzleistungen sollen dann auch noch im Betrieb des Entleihers als Sachbezüge oder als Wertausgleich in Euro erfolgen“, bemängelte er den Entwurf. Das sei völlig realitätsfern. Zeitarbeitnehmer, so Traub, werden ständig in sehr unterschiedliche Unternehmen überlassen und haben auch unterschiedliche Einsätze. Jedes Mal seien dann die vergleichbaren Entgeltstrukturen des Unternehmens neu zu ermitteln. Vergleichsweise sei es per Tarifvertrag viel einfacher zu ermitteln, auf welche Branchenzuschläge die Mitarbeiter Anspruch haben.

Attraktive Zuschläge

Dank der elf Branchentarifzuschläge gebe es bereits „attraktive Zuschläge auf den tariflichen Grundlohn der Zeitarbeitnehmer“. Diese Zuschläge lösen laut Traub die Forderung nach Gleichbezahlung weitgehend ein. Diese Regelung habe sich als fair und administrierbar erwiesen.

Entgeltverluste

Eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten sei betrieblich und aus Sicht der Mitarbeiter nicht erwünscht. Das könne zu Entgeltverlusten bei den Mitarbeitern führen. Traub: „Gleichzeitig würde aber die Limitierung auf 18 Monate mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht zum Tragen kommen, weil ein gesetzliches Equal Pay oder Equal Treatment faktisch zur Beendigung der meisten Einsätze nach neun beziehungsweise 12 Monaten führen würde.“

Nur tarifgebundene Unternehmen

Die im Referentenentwurf vorgesehene Tariföffnung über 18 Monate hinaus solle nur tarifgebundenen Einsatzunternehmen gestattet sein. Das sei absurd – „Zeitarbeitsunternehmen dürfen keine Tarifverträge mit abweichender Regelung abschließen, nur die Arbeitgeber der Einsatzbranchen. Und das, obwohl wir direkt von dieser Reglung betroffen sind“, ärgerte sich der Experte. (WLI)