„Stellenrückgang in der Zeitarbeit nicht coronabedingt“
„Die Zeitarbeit macht genau das, was die Politik eigentlich möchte: als Brücke in den normalen Arbeitsmarkt zu fungieren.“ Dies machte der stellvertretende iGZ-Bundesvorsitzende im Radio-Interview mit Andrea Jope bei MDR Aktuell klar.
Zu Ende der vergangenen Woche hatte die Rheinische Post - wie berichtet - Zahlen zum Stellenrückgang in der Zeitarbeitsbranche veröffentlicht: Die Zahl der Zeitarbeiter in Deutschland sei in der Coronakrise bereits drastisch um mehr als 120.000 gesunken. Laut den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren demnach im Mai nur noch 624.900 Arbeitnehmer in der Zeitarbeitsbranche beschäftigt. Ein Jahr zuvor waren es dagegen noch 749.000. Aktuellere Daten erwartet die BA erst Anfang September.
Sven Kramer verwies im Interview des Nachrichtensenders aus Halle an der Saale allerdings darauf, dass man sich die Zahlen genauer anschauen müsse: Besonders die deutsche Industrie habe im dritten und vierten Quartal 2019 einen deutlichen Rückgang erlebt, der nicht in der Coronakrise bedingt sein könne. Bis Februar 2020 spielten vor allem zwei Faktoren eine wichtige Rolle. Zum einen habe besonders die Metall- und Elektro-Industrie einen konjunkturellen Rückgang verzeichnet, zum anderen sei die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) auf 18 Monate durchgeschlagen.
KUG fängt Beschäftigungsverluste auf
In der Zeitarbeitsbranche liege die durchschnittliche Übernahme-Quote seit vielen Jahren bei 30 Prozent. Die konjunkturelle Eintrübung verlangsame diesen Trend. Das Kurzarbeitergeld fange die Beschäftigungsverluste momentan auf, so Kramer im Mitteldeutschen Rundfunk. Die Coronakrise habe die Zeitarbeitsbranche stark getroffen. Aber die Branche zeige auch, dass in der Zeitarbeit keine Hire-And-Fire-Politik herrsche, sondern die Unternehmen alles dafür täten, die Beschäftigten in den Unternehmen zu halten.
Brücke in den normalen Arbeitsmarkt
Die Zeitarbeit leide unter einem schlechten Image, Zeitarbeit sei Beschäftigung zweiter Klasse, so die These von Moderatorin Andrea Jope. Was sollte die Politik tun? Die Rahmenbedingungen für Zeitarbeiter seien, etwa dank der Tarifverträge, sehr gut. Die Politik mache es sich manchmal aber einfach, auf die Zeitarbeit draufzuhauen, entgegnete Kramer, obwohl das Grundübel vielleicht an einer ganz anderen Stelle liege. „Wenn man sich anschaut, dass in der Zeitarbeit im vergangenen Halbjahr eine verstärkte Übernahme stattgefunden hat, dann macht die Zeitarbeit genau das, was die Politik eigentlich möchte, nämlich als Brücke in den normalen Arbeitsmarkt fungieren. Jetzt funktioniert das und trotzdem soll die Zeitarbeit verboten werden – das erschließt sich mir nicht“, sagte Kramer in Bezug auf das drohende Zeitarbeitsverbot in Branchen wie der Fleischindustrie.
Verlängerung Kurzarbeitergeld
Kramer forderte in dem Interview auch von der Politik, den Bezug des Kurzarbeitergeldes auszuweiten – auch für die Zeitarbeit. Andernfalls drohten mit Auslaufen des Kurzarbeitergeldes erhebliche negative Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt. (SaS)