"Statistischer Zwilling" Basis für seriöse Berechnung
Die bisher amtlich ausgewiesene Lohndifferenz von 42 Prozent zwischen Zeitarbeitnehmern und Stammbeschäftigten entbehrt jeder methodischen Grundlage. Zu diesem Ergebnis kommt nun eine umfassende Studie des RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (vormals Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung) im Auftrag des iGZ. Die RWI-Wissenschaftler haben mit dem Konzept des „Statistischen Zwillings“ die beiden für Deutschland repräsentativen Datensätze des Statistischen Bundesamts und der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet und erstmals einen 1:1-Vergleich erstellt. Die Lohndifferenzen zwischen „Statistischen Zwillingen“ innerhalb und außerhalb der Zeitarbeit liegt zwischen 6,5 und 12,7 Prozent.
„Diskussionen über Zeitarbeit sind leider nicht immer faktenbasiert. Dies gilt insbesondere für die Verdienststrukturen in der Branche, wo häufig falsche Vergleichsmaßstäbe herangezogen werden. Die RWI-Wissenschaftler haben jetzt mit dem statistischen Zwilling eine seriöse Vergleichsmethode vorgestellt“, reagierte iGZ-Hauptgeschäftsführer Werner Stolz auf die Veröffentlichung. Sie zeige, dass die bislang auch von der Bundesagentur für Arbeit (BA) kommunizierten Lohnunterschiede zwischen Zeitarbeit und den anderen Wirtschaftsbranchen von über 40 Prozent nicht haltbar und ohne belastbare Aussagekraft seien.
Faire Zeitarbeit
Stolz: „Als Arbeitgeberverband haben wir zusammen mit den DGB-Gewerkschaften über Tarifverträge in den vergangenen Jahren die Entgeltstrukturen dynamisch weiterentwickelt und auch im Ost-West-Vergleich angeglichen. Insoweit ist Zeitarbeit längst nicht mehr prekär, sondern fair, wenn man nicht mehr, wie bisher in der Statistik der Arbeitnehmerüberlassung, Äpfel mit Birnen vergleicht. Der RWI-Forschungsbericht liefert hierzu die korrekten Parameter einer notwendigen Trendumkehr in öffentlichen Verlautbarungen.“
Dringender Bedarf
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) griff das Thema bereits auf und stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die untersuchenden Wissenschaftler dringenden Bedarf an besseren Verfahren allein schon aufgrund der Tatsache formulierten, dass die amtlichen Berechnungen zur Lohnlücke von Zeitarbeitnehmern bisher völlig unterschiedliche Ergebnisse liefern. Demnach verkleinere sich die ursprüngliche Lohnlücke deutlich, „wenn die Zeitarbeitnehmer in Bezug auf beobachtbare Charakteristika vergleichbar zu Beschäftigten außerhalb der Zeitarbeit gemacht werden."
Wackeliger Boden
Die Analyse zeige, so die FAZ, „wie wacklig der Boden ist, wenn daraus politische Schlüsse gezogen werden – von Klagen über Ungerechtigkeit bis hin zu neuen Gesetzen.“ Logische Konsequenz für die RWI-Wissenschaftler: Sie raten dringend – vor allem auch in Richtung der Behörden, Lohnlücken künftig mit der differenzierteren Methode der "statistischen Zwillinge" zu berechnen. (WLI)