Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sieht als Grundsatz die Gleichstellung von Zeitarbeitnehmern bei allen wesentlichen Arbeitsbedingungen vor („Equal Treatment“).

Von diesem gesetzlichen Gleichstellungsgrundsatz kann durch einen Tarifvertrag der Zeitarbeit abgewichen werden. In der Regel erfolgt dies durch eine Inbezugnahme der Zeitarbeitstarifverträge im Arbeitsvertrag. Eine Abweichung durch Tarifverträge ist nicht möglich, wenn Zeitarbeitnehmer in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder bei einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind (sog. Drehtürkonstellation).

Werden Zeitarbeitstarifverträge angewendet, hat der überlassene Arbeitnehmer grundsätzlich nach 9 Monaten ununterbrochener Überlassung an denselben Kunden einen gesetzlichen Equal Pay-Anspruch, es sei denn, es gelten bei der Überlassung (zusätzlich) Branchenzuschlagstarifverträge.

Überlassungszeiten bleiben für das Erreichen der Equal Pay-Schwelle immer dann unberücksichtigt, wenn der letzte Einsatz bei demselben Kunden mehr als 3 Monate (Unterbrechungsregel) zurückliegt.

Keine gesetzliche Definition von Equal Pay

In den Fällen, in denen ein gesetzlicher Equal Pay-Anspruch besteht, stellt sich die Frage, wie dieser zu erfüllen ist. Das Gesetz definiert den Begriff des Arbeitsentgelts nicht. Allerdings soll nach der Gesetzesbegründung hierzu jede "Vergütung zählen, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird, bspw. auch Sachbezüge und vermögenswirksame Leistungen".

Nach § 8 Absatz 1 AÜG und der Gesetzesbegründung soll bei Equal Pay nach 9 Monaten nicht nur das Grundentgelt vergleichbarer Stammmitarbeiter bei der Ermittlung von Equal Pay zugrunde gelegt werden, sondern "sämtliche auf den Lohnabrechnungen vergleichbarer Stammarbeitnehmerinnen und Stammarbeitnehmer des Entleihers ausgewiesene Bruttovergütungsbestandteile". Dazu sollen ausweislich der Formulierung des § 8 Absatz 1 Satz 3 AÜG auch Sachbezüge in Geld und nach der Gesetzesbegründung ebenso Sonderzahlungen, Zulagen, Zuschläge und sogar vermögenswirksame Leistungen zählen.

Vermutungsregelung

Das Gesetz enthält eine Vermutungsregelung, wonach Equal Pay erfüllt sein kann, wenn das "(…) für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt" gezahlt wird (§ 8 Absatz 1 Satz 2 AÜG).

Mit der Vermutungsregelung ist eine Vereinfachung bei der Ermittlung von Equal Pay beabsichtigt. Hiernach soll Equal Pay als erfüllt gelten, wenn der Zeitarbeitnehmer nach dem einschlägigen Tarifvertrag der Einsatzbranche bezahlt wird. Diese Regelung wird in der Praxis allerdings kaum umzusetzen sein. Denn das Zeitarbeitsunternehmen muss zunächst den maßgeblichen Tarifvertrag für die Einsatzbranche ermitteln. Zudem handelt es sich lediglich um eine gesetzliche Vermutungsregelung, die nicht als unwiderleglich ausgestaltet wurde. Dies schließt Equal Pay-Klagen von Zeitarbeitnehmern und möglicherweise auch Nachforderungen seitens der Sozialversicherungsträger nicht aus, wenn sich herausstellt, dass vergleichbare Arbeitnehmer im Kundenbetrieb "übertariflich" bezahlt werden.

Branchenzuschlagstarifverträge

Von dem gesetzlichen Equal Pay-Anspruch kann für den gesamten Zeitraum einer Überlassung (bis zum Erreichen der Höchstüberlassungsgrenze) durch Branchenzuschlagstarifverträge abgewichen werden.

In den Fällen, in denen Branchenzuschlagstarifverträge Anwendung finden, gilt weder die 9-Monatsgrenze für das Entstehen eines gesetzlichen Equal Pay-Anspruchs noch treten die aufgezeigten Probleme bei der Ermittlung von Equal Pay auf, sofern die in den Branchenzuschlagstarifverträgen regulär vereinbarten Zuschläge gezahlt werden.