Recruiting und rechtliche Rahmenbedingungen
„Wer suchet, der findet“ – Erfolg hat aber nur derjenige, der die richtige Strategie verfolgt. Die beste Idee nutzt wenig, wenn sie rechtlich nicht durchsetzbar ist oder gegen rechtliche Vorschriften verstößt. Es gibt viele Möglichkeiten, sich auf die Suche nach geeigneten Kandidaten zu machen. Active Sourcing, Social Recruiting und Audience Targeting sind nur einige Trends, die für die Talentsuche eingesetzt werden. Der Recruiter von heute muss hochflexibel und agil sein und auch die Rechtslage kennen.
Stellenanzeigen:
Stellenanzeigen müssen AGG-konform sein. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Oktober 2017 entschieden, dass es neben dem weiblichen und männlichen Geschlecht auch ein drittes Geschlecht gibt. In jeder Stellenanzeige sollte sich daher der geschlechtsneutrale Zusatz „m/w/d“ befinden.
Audience Targeting oder zielgruppenplatzierte Stellenanzeige:
Nicht nur das „Wie“, sondern auch das „Wo“ muss rechtlich durchdacht sein. Wer eine an sich diskriminierungsfreie Stellenanzeige auf einer Herrentoilette platziert, muss davon ausgehen, dass nur Männer diese Anzeige zur Kenntnis nehmen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verspricht Chancengleichheit. Gibt es keinen sachlichen Grund für die konkret gewählte Platzierung einer Stellenanzeige, wird der ausgeschlossene Personenkreis diskriminiert.
Datenschutz:
Social Media Recruiting und Active Sourcing müssen sich am Datenschutzrecht messen. Denn auch das Suchen nach und die Verwertung von Daten potenziell geeigneter Kandidaten stellt eine „Verarbeitung“ von Daten dar. Die Kontaktaufnahme über soziale Netzwerke spielt eine wichtige Rolle im „War for Talents“. Die gute Nachricht: Eine rechtskonforme Rekrutierung durch Active Sourcing ist möglich. Aber: Der Recruiter muss wissen, dass die Kandidatensuche über freizeitorientiere Netzwerke anderen datenschutzrechtlichen Anforderungen unterliegt als die Kandidatensuche in berufsorientierten Netzwerken. Zu prüfen ist auch, ob das Profil öffentlich, nur für registrierte Mitglieder des Netzwerkes oder nur für mit dem Profilinhaber vernetzte Kontakte zugänglich ist.
Einwilligung
Bei freizeitorientierten Netzwerken (Facebook, studiVZ) wird man insbesondere bei den Profilen, die nur eingeschränkt einsehbar sind, grundsätzlich um eine ausdrückliche Einwilligung des Nutzers nicht umhin kommen. Besser sieht es bei berufsorientierten Netzwerken (z.B. XING, LinkedIn) aus. Bei solchen Profildaten, die „allgemein“ zugänglich sind, dürfte eine Datenverarbeitung zulässig sein. Wenn keine (ausdrückliche) Einwilligung des Nutzers vorliegt, kann eine Interessenabwägung bezüglich der Verarbeitung von personenbezogenen Daten zugunsten des suchenden Arbeitgebers ausfallen: Der Nutzer muss damit rechnen, dass seine von ihm selbst ins Internet gestellten und damit frei zugänglichen beruflichen Daten für kommerzielle Zwecke genutzt werden.
Kandidatenansprache:
Wettbewerb ist erlaubt, aber nicht grenzenlos. Es geht darum, das geeignete und zulässige Abwerbemittel rechtlich korrekt einzusetzen. Nicht erlaubt sind z.B. die Verleitung zum Vertragsbruch, Überrumpelungen oder irreführende Äußerungen. Telefonische Kontaktaufnahmen sind grundsätzlich tabu. Zumutbar ist ein Anruf nur, wenn er der ersten Kontaktaufnahme dient, bei welcher sich der Anrufer bekannt macht, den Zweck seines Anrufes mitteilt und das Interesse an einem vertieften Kontakt erfragt.
Unzulässig ist es, eine E-Mail an die betriebliche E-Mail-Adresse des Kandidaten zu senden. Auch eine E-Mail an eine private E-Mail-Adresse kann unter Umständen wettbewerbswidrig sein. Hier sollte immer eine Einwilligung eingeholt werden.
Direktansprache
Bei der Abwerbung mittels Direktansprache beim Kunden ist Vorsicht geboten. Die Rechtsprechung bewertet die Abwerbung von Mitarbeitern unmittelbar an ihrem Arbeitsplatz durch Wettbewerber in der Regel als wettbewerbswidrig. Personaldienstleister, die Mitglied im iGZ sind, haben zudem den Ethik-Kodex zu beachten. Die rechtlichen Anforderungen, die beim Recruiting zu beachten sind, erscheinen teilweise sehr kryptisch und realitätsfern (Datenschutz). Dennoch sollten sich Unternehmer vor Entwicklung einer Recruiting-Strategie mit den rechtlichen Regelungen auseinandersetzen, die nicht lähmen, aber sensibilisieren sollen. (JS)