"Verbot verfassungsrechtlich nicht rechtens"
Den Unsinn eines Verbots der Zeitarbeit in der Fleischindustrie erläuterten jetzt die Juristen, Prof. Franz Josef Düwell und Prof. Gregor Thüsing, in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung (SZ): Darin heißt es unter anderem: „Ein Verbot wäre kontraproduktiv. Die Fleischwirtschaft hat wegen ihrer saisonabhängigen Nachfrageschwankungen nach Geflügel, Rind oder Schwein einen erheblichen Bedarf an Zusatzarbeitskräften, die temporär eingesetzt werden.“

Würde Zeitarbeit, so die Juristen, verboten werden, entstünden eben keine Dauerarbeitsplätze. Die Schlachtbetriebe würden stattdessen für das saisonale Geschäft befristete Einstellungen bevorzugen. Diese Befristung gehe dann zu Lasten der Arbeitnehmer, denn anschließend drohe wieder Arbeitslosigkeit.
Dauerarbeitsverhältnis
Ein Zeitarbeitnehmer dagegen habe ein Dauerarbeitsverhältnis mit seinem Zeitarbeitsunternehmen. „Das überdauert wegen des Synchronisationsverbots verleihfreie Zeiten“, erläutern die Professoren. Der Zeitarbeitnehmer wechsele eben nur den Kundenbetrieb und nicht den Arbeitgeber. Zeitarbeit diene klassisch dem Abarbeiten von Auftragsspitzen.
Überlassungshöchstdauer
Zudem sei die Rechtslage bei Zeitarbeit vollkommen anders als bei der Nutzung von Werkverträgen: Anders als bei Werkverträgen könne nicht auf die Verantwortung eines Dritten verwiesen werden, heißt es im SZ-Gastbeitrag weiter. Düwell und Thüsing erinnern in diesem Zusammenhang unter anderem an den seit 2017 existierenden Schutz vor Substituierung der Stammbelegschaft mittels Überlassungshöchstdauer. Die Tätigkeit beim Kundenunternehmen unterliege den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Arbeitsschutzrechts.
Arbeitgeberpflichten
Die sich daraus ergebenden Arbeitgeberpflichten liegen laut Beitrag beim Kundenunternehmen. Der Betriebsinhaber – anders als beim Werkvertrag – sei also persönlich verantwortlich. Ein Überwachungsdefizit wie bei Werkvertragsketten könne daher gar nicht entstehen, weil der Kunde des Zeitarbeitsunternehmens direkt vor Ort stets greifbar sei. Die Autoren bezweifeln auch die Legitimität eines solchen Verbots: „Die Gesetzesbegründung versucht das Verbot mit dem Hinweis zu rechtfertigen, die Einheit von Arbeitsvertragsarbeitgeber und Weisungsgeber erleichtere die Kontrolle von Arbeitsverstößen“, verweisen sie auf die Hintergründe.
Kein Beifang
Mit diesem Argument könne man aber jegliche Zeitarbeit in jeglicher Branche verbieten. „Das kann schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht rechtens sein. Die Karlsruher Richter haben deutlich gemacht, dass ein Verbot der Leiharbeit ohne hinreichende sachliche Gründe unzulässig ist“, betonen beide die Abwegigkeit dieses Unterfangens – und mahnen, das Verbot von Zeitarbeit in der Fleischindustrie sollte nicht zum „Beifang“ werden. (WLI)