„Politik hat ihr Wort gebrochen“

Zum „Speeddating Arbeitnehmerüberlassung“ lud Ulrich Deppendorf, Studioleiter und Chefredakteur Fernsehen im ARD-Hauptstadtstudio a.D., Politiker und Experten aus der Zeitarbeitsbranche beim iGZ-Bundeskongress 2016 in Bremen. Fünf Kurzinterviews beleuchteten die geplante Regulierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes von verschiedenen Seiten.

„Die Politik hat ihr Wort gebrochen“, brachte Sven Kramer, stellvertretender iGZ-Bundesvorsitzender, seinen Frust über die geplante Regulierung auf den Punkt. Trotz der tarifpartnerschaftlich verabschiedeten Branchenzuschläge fordere Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles gesetzliches Equal Pay, um Rechtssicherheit zu schaffen. „Aber mit Equal Pay schafft man alles andere als Rechtssicherheit“, verwies er auf die nach wie vor ungeklärte Frage, welche Bestandteile des Lohns der Stammbelegschaft in die Equal Pay-Berechnung einfließen sollen.

Equal Pay statt Höchstüberlassungsdauer

„Equal Pay muss natürlich klar definiert werden“, stimmte MdB Beate Müller-Gemmeke, Bündnis 90/Die Grünen, Kramer zu. Ob Bestandteile wie Boni und Zusatzzahlungen zum Grundgehalt hinzukommen sollen, könnten am besten die Tarifpartner selbst regeln. „Denn die kennen sich am besten in der jeweiligen Branche aus“, betonte sie den Wert der Sozialpartnerschaft. Zusätzlich zum Equal Pay forderte sie einen Flexibilitätszuschlag für die Zeitarbeitskräfte. „Von der Höchstüberlassungsdauer sollte man hingegen die Finger lassen“, meinte die Grünen-Politikerin. „Das lässt sich in keiner Weise rechtssicher umsetzen – und ich weiß auch nicht, wer das kontrollieren soll.“

„Warum nicht bei der Branchenzuschlags-Lösung bleiben?“

Johannes Vogel, FDP-Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen, ging noch einen Schritt weiter. „Wenn es nicht nötig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es nötig, kein Gesetz zu machen“, betonte er seinen eigenen politischen Leitsatz. Die Zeitarbeit habe in der Equal Pay-Diskussion mit den Branchenzuschlägen selbst eine Lösung gefunden. „Warum dann nicht einfach bei dieser Lösung bleiben?“, fragte er in Richtung Bundesregierung. Vielleicht sei es typisch für Deutschland, dass als „echte“ Lösung nur die akzeptiert werde, die vom Gesetzgeber gefunden wurde, bedauerte Vogel.

Integrationschance für Flüchtlinge

Hermann-Josef Arentz, Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) Deutschlands a.D., ging auch auf die Integrationschance der Zeitarbeit für Flüchtlinge ein. Es sei der richtige Weg, dass die Vorrangprüfung in Regionen mit unterdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit entfallen soll. Das öffne die Zeitarbeit für Flüchtlinge. „Dann darf man die Branche aber nicht an anderer Stelle durch stärkere Regulierungen wieder schließen“, forderte er.

Interessenausgleich schaffen

„Wann ist Zeitarbeit aus Sicht der SPD ‚gute Arbeit‘?“, fragte Deppendorf im letzten Kurzinterview Markus Paschke, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für Werkverträge und Leiharbeit. Wichtig sei es einen Ausgleich der Interessen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu finden, meinte der SPD-Politiker. Mal sei die eine Seite unzufrieden, mal die andere. „Und manchmal sind beide unzufrieden – Dann hat die Politik genau die richtige Mitte gefunden“, schmunzelte er. Die geplante AÜG-Reform trage laut Paschke zu mehr Gerechtigkeit in Deutschland bei. Zeitarbeit solle keine Dauerarbeitsplätze ersetzen. Für die Zeit einer Qualifizierungsmaßnahme kann Paschke sich jedoch mit Blick auf die Höchstüberlassungsdauer vorstellen, dass hier ggf. gesetzliche Ausnahmen im Sinne einer Nichtanrechnung dieser Zeiten in Betracht kämen. (ML)