Ohne Sinngefühl keine Arbeitsmotivation

Im Interview-Format „Auf 100 Worte mit“ müssen sich die Gesprächspartner kurz fassen. Ihnen stehen pro Antwort nicht mehr als 100 Worte zur Verfügung. Für dieses Interview traf sich der iGZ auf 100 Worte mit Nico Rose Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management. Rose ist auch Referent beim Forum Personalmanagement und spricht dort am 28. April über sinnstiftende Arbeit.

Warum ist es für Unternehmen wichtig, dass Mitarbeiter ihre Arbeit als sinnvoll erachten?

Ich bezeichne Sinn gerne als Meta-Motivator. Wenn ein Mensch authentisch „Das hat doch alles keinen Sinn hier!“ sagt, dann weiß man: Hier ist der Ofen aus, die Energie ist weg. Das gilt auch in Bezug auf die Arbeit. Ohne Sinnerleben sind Menschen kaum zu motivieren. Ohne Motivation kein Engagement, ohne Engagement wenig Leistung. Das ist die rein betriebswirtschaftliche Sicht. Das Sinnerleben ist jedoch auch wünschenswert aus Sicht des Individuums, es ist beispielsweise ein Schutzfaktor gegen Depressionen. Darüber hinaus hat man, rein mathematisch, auch ein sinnerfüllteres Leben an sich, da viele Menschen etwa die Hälfte ihrer wachen Zeit mit Arbeit verbringen.   

Das Sinnempfinden ist individuell, können Führungskräfte dieses dennoch fördern und positiv beeinflussen?

Sinn entspringt einer individuellen Bedeutungszuschreibung, ja. Trotzdem lassen sich auf einer übergeordneten Ebene gemeinsame Faktoren beschreiben. Menschen möchten beispielweise spüren, dass ihre Arbeit „einen Unterschied macht“, entweder für Zielgruppen außerhalb der Organisation (Kunden, Stakeholder) oder auch innerhalb (Kollegen, Mitarbeiter). Führungskräfte können ihren Mitarbeiter an dieser Stelle helfen, indem sie diese Zusammenhänge, diesen Mehrwert, regelmäßig aufzeigen. Etwas plakativ: „Du bist zwar nur ein kleines Rädchen im großen Uhrwerk, aber trotzdem trägst du entscheidend zum großen Ganzen bei.“ Ein anderer Punkt: Führungskräfte müssen lernen, mehr und mehr loszulassen. Sinn entsteht im Freiraum, in der aktiven Gestaltung. Micro-Manager machen diese Räume eng. 

Worin besteht für Sie der Sinn Ihrer Arbeit?

Ich spüre meinen Impact am deutlichsten, wenn ich auf eine gute Weise Menschen und Ideen miteinander verbinden kann. Das geschieht in unterschiedlichen Formen: durch Bücher, durch die Hochschule, und natürlich auch durch Vorträge oder im Coaching. Übergreifend möchte ich „Arbeit besser machen“, so lautet der Titel eines meiner Bücher. Grundsätzlich bin ich überzeugt davon, dass Unternehmertum und Marktwirtschaft entscheidende Triebfedern für das Wohlergehen der Menschheit sind – aber sie bringen auch Schattenseiten mit sich. Khalil Gibran hat geschrieben, dass Arbeit „sichtbare gemachte Liebe“ ist. Ich möchte dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen dies in einem guten Sinne für sich erfahren können. (CS)