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Zeitarbeit in Deutschland | Unternehmen für Zeitarbeit

NRW: Neues Tariftreuegesetz tritt in Kraft

Die Vorgaben dieses Gesetzes gelten für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Bau- und Dienstleistungen in Nordrhein-Westfalen i.S.v. § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).

Bedenken hinsichtlich Verfassungsmäßigkeit

Das TVgG stellt ein Vergabegesetz neuen Typs dar. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass das Gesetz nicht wie Vergabegesetze älteren Typs (z. B. das frühere niedersächsische Tariftreuegesetz) gegen Unionsrecht verstößt (vgl. sog. Rüffert-Urteil des EuGH vom 3. April 2008, wonach Mindestlöhne nur aufgrund des Arbeitnehmerentsendegesetzes festgelegt werden können), stößt das Gesetz auf erhebliche rechtliche Bedenken wegen des Eingriffs in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes oder des Eingriffs in die Tarifautonomie. Es bleibt also abzuwarten, ob das TVgG künftigen Klagen standhält.

Vergabespezifischer Mindestlohn NRW und Equal-Pay-Regelung

Das TVgG sieht neben einem vergabespezifischen Mindestlohn in Höhe von 8,62 Euro pro Stunde (§ 4 Absatz 3 TVgG) eine Equal Pay-Regelung (§ 4 Absatz 5 TVgG) vor. Der vergabespezifische Mindestlohn und die Equal-Pay-Regelung gelten ab einem geschätzten Auftragswert in Höhe von 20.000 Euro ohne Umsatzsteuer. Der Mindestlohn und die Equal-Pay-Regelung gelten nur während der Durchführung der Leistung. Es handelt sich also bei den 8,62 Euro nicht um einen allgemeingültigen „NRW-Mindestlohn“.

Schriftliche Verpflichtung

Öffentliche Aufträge dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich schriftlich verpflichten, dafür zu sorgen, dass Zeitarbeitnehmer bei der Ausführung der Leistung für die gleiche Arbeit ebenso entlohnt werden wie die bei Ihnen regulär Beschäftigten. Auch Tariftreuegesetze älteren Typs (z.B. § 4 Tariftreuegesetz NRW, aufgehoben 2006) enthielten Regelungen, wonach der öffentliche Auftraggeber den anzuwendenden Lohn- bzw. Gehaltstarif festlegte, der auch von Zeitarbeitsunternehmen einzuhalten war.

Keine endgültige Rechtssicherheit

Neu ist, dass der Begriff der gleichen Entlohnung für Zeitarbeitskräfte über die bisher in Tariftreuegesetzen vorgesehene gleiche tarifliche Entlohnung hinausgeht. Insoweit greift das Land in die Bundesregelung des AÜG ein, obwohl der Landtag hierzu keine Gesetzgebungskompetenz hat. Außerdem ist unklar, welche Entgeltbestandteile eine solche "Equal pay"-Verpflichtung umfasst.

Sanktionen bei Verstößen

Die im Gesetz vorgesehenen Sanktionen bei Verstößen gegen die Vorschriften des TVgG sind erheblich. So droht neben der fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Prozent des Auftragswertes, bei wiederholten Verstößen bis zu fünf Prozent. Darüber hinaus sind Bußgelder bis zu 50.000 Euro sowie der Ausschluss von Aufträgen in NRW bis zu drei Jahren vorgesehen.

Nähere Bestimmung der „gleichen Entlohnung“ durch Verwaltungsrichtlinien?

Es bleibt abzuwarten, ob ergänzende Verwaltungsvorschriften oder ein angekündigter Leitfaden des Wirtschaftsministeriums endgültige Klarheit bringen werden.

Vorbildfunktion für andere Bundesländer?

Das TVgG NRW könnte schon bald Schule machen. Andere Bundesländer wie das rot-grün regierte Baden-Württemberg könnten dem Beispiel Nordrhein-Westfalens folgen. Auch die Vergabegesetze anderer Bundesländer sehen die Einhaltung der Entleiherentgelte über so genannte repräsentative Tarifverträge vor.

Das TVgG NRW wurde am 26. Januar 2012 im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW veröffentlicht.

Die Gesetzesbegründung ergibt sich aus der Drucksache 15/2379 des Landtags NRW.