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Auf 100 Worte mit Dr. Sirkka Freigang

Sirkka Freigang erklärt in maximal 100 Worten pro Antwort, warum New Work neue Lernkonzepte braucht.

New Work braucht neue Lernkonzepte

Anderes Arbeiten braucht auch andere Lernkonzepte. Im Interview „Auf 100 Worte mit“ müssen sich die Gesprächspartner kurzfassen. Ihnen stehen pro Antwort nicht mehr als 100 Worte zur Verfügung. Diesmal traf sich der iGZ mit Dr. Sirkka Freigang, Autorin, Speakerin, Facilitator und Smart Learning Expertin, die wissenskreateurin**. Freigang hält auch eine Keynote beim iGZ-New-Work-Summit am 30.08.20022 in Berlin.

Wie bewerten Sie die klassischen Formen der Personalentwicklung (PE)? Warum sind sie aus Ihrer Sicht eher weniger geeignet, die Employability – die Fähigkeit einzelner Arbeitnehmer, auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen – zu verbessern?

Klassische Formen der Personalentwicklung zeichnen sich durch folgende Punkte aus: ein bis zwei Trainings pro Jahr, vorgegebene Lernziele durch Führungskräfte, keine Bedarfserhebung und kein Bezug zu künftigen Aufgabenstellungen. Die Arbeitswelt ist jedoch so komplex geworden, dass wir die Selbstverantwortung der Mitarbeitenden benötigen, damit diese sich kontinuierlich fortbilden. Es gibt so viele fachliche und methodische Neuerungen, dass wir Formate für lebenslanges Lernen benötigen. Also eher Peer-Learning-Formate, Learning Communities und regelmäßige Austauschformate. Außerdem sollten die Lernziele eher von den Lernenden selbst gesteuert als von außen „gemanagt“ werden.

Was unterscheidet die von Ihnen viel zitierte Learning Experience von purer Wissensvermittlung?

Pure Wissensvermittlung kennen wir alle aus unserer Schul- oder Hochschulzeit. Ein Experte oder eine Expertin erklärt uns die Welt. Wir hören zu und notieren die wichtigsten Inhalte. Diese Art der Wissensvermittlung, die oft über Monologe oder auch PowerPoint-Präsentationen umgesetzt wird, ist eine passive Form der Wissensvermittlung. Wissenschaftliche Befunde aus der Lehr- und Lernforschung belegen aber, dass Menschen besser lernen, wenn es eine aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten gibt und dadurch an vorhandenes Vorwissen angeknüpft werden kann. Eine Learning Experience ist eine aktive Lernerfahrung. Inhalte werden interaktiv erforscht und im Austausch mit anderen dialogisch und reflektierend selbst erarbeitet.

Welche Vorteile bietet in diesem Zusammenhang das Internet der Dinge?

Das Internet der Dinge (engl. Internet of Things, IoT) macht es möglich, physische Lernwelten mit digitalen Lernprozessen zu verbinden. Hierzu werden Sensoren und Aktoren in die räumliche Umgebung integriert, sodass daraus „intelligente Räume“ werden. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Produktionshalle, einen Konferenzraum oder einen Co-Working-Space handelt. Letztlich geht es darum, dass der Raum erkennt, was in dem Raum geschieht, sodass Lernphasen unterstützt werden. In einer klassischen Workshop-Umgebung machen integrierte IoT-Devices Sinn. Spannend wird es, wenn die Räume die Menschen erkennen, z.B. durch Mitarbeiter-Ausweise, dann können digitale Lernressourcen automatisiert abgerufen werden.

Was müssen Arbeitgeber tun, wenn sie ihren Mitarbeitern ein Smart-Learning-Environment zur Verfügung stellen wollen?

Ein Smart-Learning-Environment kennt die Lernhistorie der Mitarbeiter sowie ihre Lernbedarfe und begleitet sie in ihrer Entwicklung, indem es Informationen, Tools und Netzwerke vorschlägt. Es verbindet die physische und virtuelle Welt des Lernens miteinander. Alle digitalen Lerninhalte sind überall verfügbar. Die Lernumgebung ist dabei geprägt von Tageslicht, Platz und unterschiedlichen Lerninseln, die zu den Lernphasen Tools automatisiert anbieten. Wenn man beispielsweise nach einem Vortrag eine Videosequenz oder ein 3D-Objekt zu einem bestimmten Thema erarbeiten möchte, empfiehlt ein Smart-Learning-Environment die geeigneten Tools. Es bietet maximale Methodenvielfalt, um eine rein passive Wissensvermittlung mit wirksamen Lernerfahrungen und nachhaltigen „Wow-Momenten“ anzureichern.

Wird sich durch diese Smart-Learning-Experience (SLE) langfristig eine andere Rollenverteilung zwischen Lernenden und Lehrenden ergeben?

Die Lehrenden sind nicht mehr die Fachexperten, sondern eher lernbegleitende Personen, die die richtigen Fragen stellen und den Prozess begleiten. Sie geben Hilfestellung, welche Methoden geeignet, welche Netzwerke förderlich und welche Tools sinnvoll sind. Sie beraten im Hinblick auf die persönliche Weiterentwicklung auf einer Meta-Ebene. Das ist eine wichtige Rolle, da viele Menschen mit den verfügbaren Technologien, den fachlichen Anforderungen und dem Informations-Overload überfordert sind. Sie brauchen Unterstützung, um zielgerichtet selbst navigieren zu können. Meiner Meinung wird es eine Verschiebung geben, die die Rolle der Lehrenden eher hin zu der eines Sparringspartners, Mentors und Lernbegleiters verändern wird.

Wer Dr. Sirkka Freigang am 30.08. in Berlin live erleben möchte, kann sich noch für den iGZ-New-Work-Summit hier noch anmelden.

Über die Autorin

Bettina Richter

Bettina Richter ist ausgebildete Redakteurin. Nach dem Studium der Anglistik, Politikwissenschaften und Romanistik an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster sowie High-School-Abschluss in den USA und Studiensemester in Frankreich sammelte sie Erfahrungen als Pressereferentin und Online-Redakteurin. Beim iGZ ist Bettina Richter für die Bereiche „PDK-Ausbildung“ und „Digitale Bildung“ zuständig. Im Rahmen der PDK-Azubi-Kampagne der Branchenverbände BAP und iGZ betreut sie den Instagram-Kanal @pdk_ausbildung.


Telefon: 0251 32262-172
E-Mail: b.richter@ig-zeitarbeit.de

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