„Gemeinsam auftreten, noch stärker schlagen“ – neuer Verband für die Personaldienstleistung?
Warum gibt es zwei Arbeitgeberverbände für die Zeitarbeitsbranche? Für Außenstehende ist die Zweigleisigkeit kaum nachvollziehbar. Aus den zwei Verbänden soll nun ein Gesamtverband werden, wenn die Mitgliedsunternehmen von BAP und iGZ dem zustimmen. Über den möglichen neuen Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP), die Vision einer einheitlichen Stimme für die Personaldienstleistung und entsprechende Strukturen hat Verbandelt-Gastgeberin Sara Schwedmann mit Florian Swyter (FS), Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbands der Personaldienstleister (BAP), und Werner Stolz (WS), Hauptgeschäftsführer des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), gesprochen. Das ganze Gespräch als Podcast-Episode gibt's überall dort zu hören, wo es Podcasts gibt – und direkt hier:
30.05.2023
Verbandelt - gemeinsam als ein Verband
iGZ + BAP = Gesamtverband der Personaldienstleister?
Warum gibt es zwei Arbeitgeberverbände für die Zeitarbeitsbranche? Für Außenstehende ist die Zweigleisigkeit kaum nachvollziehbar. Aus den zwei Verbänden soll nun ein Gesamtverband werden, wenn die Mitgliedsunternehmen von BAP und iGZ dem zustimmen. Über den möglichen neuen Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP), die Vision einer einheitlichen Stimme für die Personaldienstleistung und entsprechende Strukturen hat Verbandelt!-Gastgeberin Sara Schwedmann mit Florian Swyter (FS), Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbands der Personaldienstleister (BAP), und Werner Stolz (WS), Hauptgeschäftsführer des Interessenverband...
„Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ein Erfolg.” (Henry Ford)
BAP und iGZ sind aktuell bei Teil 1 – Zusammenkommen ist ein Beginn. Wie könnten die weiteren Teile aussehen?
FS: Zusammengekommen sind wir schon. Wir haben auch schon einen Plan entwickelt, wie wir zusammenbleiben wollen. Wir sind seit einem Jahr in intensiven Gesprächen, wie wir uns so aufstellen, dass wir zusammenbleiben und erfolgreich zusammenarbeiten können. Dafür haben wir einige Fragen lösen müssen, wofür wir verschiedenen Arbeitsgruppen, an denen sich Ehren- und Hauptamt beteiligen, und eine Lenkungsgruppe gebildet haben, die sich aus den Vorständen beider Verbände zusammensetzt. Gemeinsam haben wir eine Strategie entwickelt und gemeinsame Schwerpunkte festgelegt. Unsere Vision ist: Wir wollen der eine Verband für die Personaldienstleistungen sein. Wir haben einen Gesamtvertretungsanspruch für die Personaldienstleistungsbranche und die Zeitarbeit, aber auch für die Personalvermittlung, Personalentwicklung bis hin zur Personalberatung. Wir setzen uns zusammen als Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband. Das ist der zweite wichtige Anspruch, dass wir alles, was mit Personalwesen zu tun hat, mitfortentwickeln – sowohl als Tarifpartner als auch als Partner der Wirtschaft und der Arbeitskräfte. Diese Vision haben wir entwickelt und ausformuliert, eine Beitragsordnung erarbeitet und einen Vorschlag gemacht, wie die Willensbildung in einem neuen Gesamtverband erfolgen könnte.
Mitgliederversammlungen am 21. Juni
Das klingt, als wäre bereits alles besprochen und geregelt. Nun fehlt also „nur“ noch die Zustimmung der Mitglieder beider Verbände?
WS: Wir sind hier nicht verkündend, sondern immer noch werbend unterwegs. Wir haben innerhalb eines Jahres das Gerüst eines möglichen neuen Verbandes erarbeitet – mit viel Mühe und nach dem Lehrbuch, mit fachlicher Unterstützung. In 14 Arbeitsgruppen und unzähligen Sitzungen haben wir – Hauptamt, Ehrenamt, Funktionsträger - die Themen identifiziert, bei denen wir auseinander liegen oder auch beisammen sind, und wo es Bereiche gibt, in denen wir Mehrwerte für die Mitglieder schaffen können. Denn das ist das Ziel: Wir wollen nicht einfach nur eine Fusion im Sinne eines Reißverschlussverfahren und die Dinge eins-zu-eins zusammenzufügen, sondern wir wollen einen Mehrwert generieren.
Ressourcen in einem Verband bündeln, Mehrwert bieten
Welcher Mehrwert wäre das?
WS: Das Leistungsportfolio wird erweitert. Personaldienstleistung ist mehr als Zeitarbeit, das ist etwa auch Interim Management, Personalvermittlung und Werkverträge. All dies soll vom Satzungszweck mit einbezogen werden. Der BAP ist beispielsweise Mitglied in der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und international in der World Employment Confederation (WEC). Davon würden wir als iGZ als Ergänzung profitieren, was definitiv ein Mehrwert wäre. Wir haben zudem wechselseitig hervorragendes hauptamtliches Personal und ein Zusammenfügen von Potenzialen bringt ein Mehr, so wie das auch bei jedem Unternehmen ist.
FS: Wir würden unsere Ressourcen bündeln und doppelte Strukturen abbauen. Veranstaltungen könnten abgestimmt und thematisch vertieft stattfinden. BAP-Mitglieder hätten einen großen Mehrwert durch Leistungen, die bisher nur iGZ-Mitgliedern offenstehen – etwa die Kontakt- und Schlichtungsstelle, durch die Streitigkeiten bis hin zur Gerichtsbarkeit vermieden werden können. Das ist ein großer Mehrwert. Umgekehrt würden iGZ-Mitglieder zum Beispiel von unserem Verbandsbereich Personalvermittlung profitieren. Wir wollen Qualitätsstandards entwickeln und setzen – und das Ansehen der gesamten Branche verbessern.
Es ist allerdings nicht der erste Anlauf, die Kräfte zu bündeln. Ähnliche Verschmelzungsbestrebungen gab es bereits 2013, damals stimmten die iGZ-Mitglieder gegen eine Fusion. Was ist heute anders als vor zehn Jahren?
FS: Auch wenn ich damals noch nicht dabei war – es war eine andere Situation. Der BAP war da gerade erst zwei Jahre zuvor gegründet worden, aus einer Verbandsverschmelzung zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA). Beim iGZ gab es damals Vorbehalte, die auch historisch begründet waren. Aber seitdem hat sich viel getan. Seit 2013 gibt es eine enge Zusammenarbeit – angefangen mit der Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ) über Projekte wie die Ausbildung der Personaldienstleistungskaufleute (PDK) bis hin zur gemeinsamen Stoßrichtung beim Kurzarbeitergeld und beim Verbot der Zeitarbeit in der Fleischindustrie. Aus unserer Mitgliedschaft erfahre ich eine breite Unterstützung unserer Pläne, einen neuen Verband zu gründen, und ich bin optimistisch, dass die finale Wahl bei der BAP-Mitgliederversammlung am 21. Juni positiv ausfallen wird.
WS: Damals vor 2013 hatten viele beim iGZ den Eindruck, dass die Kollegen vom BZA uns als eine Art Betriebsunfall gesehen haben. ‚Da haben sich ein paar verirrt, das wird sich schon wieder legen.‘ – so nach dem Motto, verbunden mit einer gewissen Arroganz. Wir waren als Arbeitgeberverband ein bisschen anders, zunächst als Interessengemeinschaft aufgestellt und sehr basisdemokratisch organisiert. Wir galten als kleine Schwester in Münster und wurden nicht wirklich ernst genommen. Und beim iGZ galten BZA und dann BAP als typische Arbeitgeberverbände – die kulturellen Unterschiede waren immens. Damals war das Vertrauen für ein Zusammengehen nicht da. Das hat sich aber geändert, vor allem auf Sachebene. Wir müssen an einem Strang ziehen und sind seit einigen Jahren gemeinsam unterwegs, beispielsweise in Sachen VBG Berufsunfallversicherung oder PDK. Die Kooperationen haben gezeigt: Ein Zusammengehen lohnt sich. Die Devise hieß bisher: ‚Getrennt auftreten, vereint schlagen.‘ Jetzt sollte sie lauten: ‚Gemeinsam auftreten und noch stärker schlagen.‘ Wir haben derzeit mehr als 3.800 Mitgliedsunternehmen, der BAP hat rund 1.800 – das wäre ein Organisationsgrad ohnegleichen.
Keine Dominanz der Großen im neuen Verband
Bei den ersten Verschmelzungsbemühungen hatten vor allem kleine und mittelständische Unternehmen ihre Befürchtungen geäußert, sie könnten unter den großen Fischen im Becken nicht mehr gehört werden. Ist das weiterhin eine Sorge der iGZ-Mitgliedschaft?
WS: Bevor wir in die Gespräche mit dem BAP gegangen sind, haben wir unsere Mitglieder befragt, über 600 haben geantwortet. Wir haben aber nicht nur nach einer möglichen Zustimmung gefragt, sondern auch nach Punkten, auf die wir besonders achten sollen, und nach Themen, die unseren Mitgliedern wichtig sind. Und ja, es gab auch kritische Stimmen. Wie würde etwa eine gemeinsame Beitragsordnung aussehen? Der BAP hat eine Beitragsordnung, die auf dem Umsatz der Unternehmen basiert, der iGZ eine, bei der die Anzahl an Niederlassungen im Mittelpunkt steht. ‚Müssen wir dann jedes Jahr die Hosen runterlassen und unsere Umsatzzahlen präsentieren?‘, war etwa eine Frage. Das würde doch dann alles viel zu teuer. Nein, wird es nicht. In einem neuen Verband würde das iGZ-Beitragsmodell gelten, mit einem leicht erhöhten – an die Inflation angepassten – Grundbetrag. Wir werden auch weiterhin eine Deckelung bei den Niederlassungen haben. Und ich kann nur sagen: Ihr braucht gar keine Angst zu haben. Die Großen werden nicht die Kleinen dominieren, sondern wir bilden hier ein gemeinsames Kompetenznetzwerk.
Ob die Mitglieder beider Arbeitgeberverbände da mitgehen, wird sich bei den Abstimmungen am 21. Juni zeigen. Wenn beide Seiten zustimmen, was passiert dann?
FS: Wir haben eine Satzungshülle erarbeitet und haben bereits die Eintragung des möglichen neuen Gesamtverbandes als Verein im Vereinsregister in Berlin angeleiert. Wenn die Zustimmung von beiden Seiten erfolgt, ist noch ein formaler Akt, ein Vertrag notwendig. Der wird dann geprüft, was einige Zeit dauern wird. Und zwei bis drei Monate später, wenn die Eintragung im Vereinsregister aktiv wird, würden die beiden Verbände iGZ und BAP aufhören zu existieren und es gäbe nur noch einen Verband, den Gesamtverband der Personaldienstleister.
Neuer Verband, neue Führungsstruktur
Wer würde den neuen Verband anführen?
WS: Wir wollen uns wechselseitig aufstellen – mit unserem bisherigen Vorsitzender Christian Baumann als Präsident des neuen Verbandes und Sebastian Lazay als Stellvertreter. Florian Swyter würde die Hauptgeschäftsführung übernehmen, mit Martin Dreyer in der Stellvertretung. Ich gehe ja bald in den Ruhestand. Das ist das Angebot – personell und inhaltlich –, das wir erarbeitet haben. Wenn Ihr, liebe Mitglieder, das wollt, stimmt bitte am 21. Juni zu.
Podcast und Anmeldung zur Mitgliederversammlung
Das ganze Interview gibt's zu hören - in der aktuellen Episode des iGZ-Podcasts Verbandelt. Überall, wo es Podcasts gibt - und direkt hier. Sie möchten als Mitglied mit über die Zukunft des Verbandes entscheiden? Dann melden Sie sich hier direkt zur Mitgliederversammlung am 21. Juni an. Weitere Details wie die geplante Satzung und Beitragsordnung können Sie hier einsehen.