"Nachjustieren" der Entgeltzahlen angekündigt
Die jetzt veröffentlichte RWI-Studie zu Lohnlücken in der Zeitarbeit stand im Fokus einer Diskussionsrunde beim iGZ-Landeskongress NRW „PERSONAL.PRAXIS.WEST.HYBRID.“ in Dortmund. Dr. Christian Rulff, RWI-Institut, Holger Meinken, fachlicher Leiter Statistik der Bundesagentur für Arbeit, und Holger Schäfer, Institut der deutschen Wirtschaft (IW), sprachen – moderiert von Dr. Benjamin Teutmeyer, stellvertretender iGZ-Fachbereichsleiter Politische Grundsatzfragen – über die Studie.
Rulff erklärte zunächst, die Daten basieren auf der Vergleichsmethode des statistischen Zwillings. Es werde jemand gesucht, der weitgehend gleiche Charakteristika aufweise, wie jemand, der 1:1 die gleichen Daten habe, aber nicht in Zeitarbeit beschäftigt sei. Das sei eine mathematische Simulation und stelle ein verlässliches Konzept der wissenschaftlichen Arbeit dar.
Nicht vergleichbar
„Die Diskussion erinnert sehr stark an die um den Gender Pay Gap“, ergänzte Holger Schäfer. Bei Frauen seien früher unterschiedliche Tätigkeiten im Vergleich zu Männern nicht berücksichtigt worden. „Wir haben nun Verfahrensweisen entwickelt, die die Unterschiede einebnen. Viele haben mittlerweile auch verstanden, dass es ein Lohnunterschied zwischen zwei Dingen ist, die man nicht vergleichen kann“, stellte er fest. Bei Zeitarbeitslöhnen sei das auch so. Untersuchungsmethoden spielen laut Schäfer nicht die wesentliche Rolle. Entscheidend sei vielmehr die Frage, dem Grundgedanken zu folgen und den Vergleich zwischen Zeitarbeitnehmern und Nicht-Zeitarbeitnehmern zuzulassen.
Positiver Befund
„Die Ergebnisse des RWI liegen sehr nahe an unseren Erkenntnissen. Unsere Daten spiegeln die unbereinigte Lohndifferenz von 44 Prozent wider“, erläuterte Meinken die BA-Erkenntnisse. Aber mit einem Verfahren á la statistische Zwillinge reduziere sich der Unterschied auf 17 Prozent. Das sei erst einmal ein grundsätzlich positiver Befund. „Jede gesellschaftliche oder wirtschaftliche Interessengruppe orientiert sich an den Zahlen, die besser ins Konzept passen“, relativierte er, betonte aber: „In der Zeitarbeit kann die bereinigte Differenz nicht ignoriert werden. Wir werden uns diesen Abschnitt zum Entgelt noch einmal anschauen, um nachzujustieren“, kündigte Meinken an.
Arbeitszeiten betrachten
Schäfer unterstrich, es mache eigentlich keinen Sinn, die Lohnlücken auszuweisen. Das beinhalte eben keine Aussage zur Tätigkeit in der Zeitarbeit. Etwas Kausales zur Entlohnung in der Zeitarbeitsbranche werde damit nicht ausgesagt. Entscheidendes Manko der bisherigen Untersuchungen sei, dass keine Arbeitszeiten betrachtet werden. „Es wird immer nur von Vollzeitbeschäftigung ausgegangen, und wir müssen auf den Stunden- und nicht auf den Monatslohn schauen“, forderte er.
Nur Ist-Zustand
Der Ausweis einfacher Lohnlücken sei auch nur eine Beschreibung des Ist-Zustandes, erklärte Rulff ergänzend. Strukturelles werde dabei außer Acht gelassen und beinhalte keine kausale Interpretation. Der Vergleich an sich habe wenig Informationsgehalt, weil völlig unterschiedliche wirtschaftliche Gruppen betrachtet werden. Rulff: „Allein schon deshalb sollte der bereinigte Lohnvergleich immer mit angegeben werden.“ (WLI)