Nachhaltigkeit – eine Aufgabe für das Personalmanagement
Verfasst von Rupert Felder Wenn wir wollen, dass dieser Planet auch noch für die nächste und übernächste Generation Leben und Zukunft bietet, dann müssen wir Vieles ändern. Und zwar in allen Bereichen. Jetzt. Diese Erkenntnis reift in den Köpfen der Entscheidungsträger, keine und keiner löst das allein. Es braucht den Konsens aller und die spezifischen Fähigkeiten einer pluralen Gesellschaft. Transparente reichen nicht, Professionalität ist gefragt. Gesetze genügen nicht, sie müssen auch umgesetzt werden. Haltung und Handlung sind die zwei bestimmenden Parameter. Die Haltung führt zum Motiv, die Handlung zum Ergebnis.
Wenn wir wollen, dass dieser Planet auch noch für die nächste und übernächste Generation Leben und Zukunft bietet, dann müssen wir Vieles ändern. Und zwar in allen Bereichen. Jetzt. Diese Erkenntnis reift in den Köpfen der Entscheidungsträger, keine und keiner löst das allein. Es braucht den Konsens aller und die spezifischen Fähigkeiten einer pluralen Gesellschaft. Transparente reichen nicht, Professionalität ist gefragt. Gesetze genügen nicht, sie müssen auch umgesetzt werden. Haltung und Handlung sind die zwei bestimmenden Parameter. Die Haltung führt zum Motiv, die Handlung zum Ergebnis.
Nachhaltigkeit steht für den Wertbeitrag Mensch
In der Nachhaltigkeitsdebatte kommt es daher (auch) auf den Beitrag vom Personalwesen – Human Resources (HR) – an. Warum? Weil – nach Lehrsatz – das Personalmanagement die Summe der mitarbeiterbezogenen Maßnahmen ist, die zur Verwirklichung der Unternehmensziele herangezogen werden. Personal ist somit ein zentrales Element der unternehmerischen Managementprozesse von Forschung und Entwicklung über Einkauf, Produktion, Finanzierung, Vertrieb und Service. Überall ist der Produktivitätsfaktor „Mensch“ relevant, und zwar in kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Nachhaltige Personalarbeit zielt also im Kern auf die Erfassung des Wertbeitrags Personal, dessen Erhalt und Ausbau – gerade Personaldienstleister sind darauf fokussiert. Damit kann der Wertschöpfungsbeitrag durch ein nachhaltiges Personalmanagement wirksam und „sichtbar“ werden. Und: Nachhaltigkeit wird zunehmend zum „differenciator“, also dem Unterscheidungsfaktor, der für eine Bewerberentscheidung den
Ausschlag gibt. Gerade hier können sich Zeitarbeitsfirmen positiv positionieren. Die Personalarbeit ist dabei nicht losgelöst von Zwängen, sie ist vielmehr eingebunden in ein manchmal als zu eng empfundenes Korsett von Regeln, Gesetzen, Vorschriften, Gewohnheiten und Verhaltensmustern.
Gerade deswegen ist es notwendig, die rechtlichen Rahmenbedingungen und Entstehungsgeschichte der Nachhaltigkeit zu kennen und einzuordnen. Das Spannende ist: Nachhaltigkeit ist kein Zustand, kein Ergebnis. Nachhaltigkeit wird niemals ausreichen und der Weg nie zu Ende sein. Nachhaltigkeit ist gesellschaftlich in aller Munde. Gemüse aus nachhaltigem Anbau, nachhaltiges Wirtschaften und Nachhaltigkeitsziele in der Unternehmensfinanzierung. Das Wort zieht sich wie ein roter Faden durch die Wirtschaftsnachrichten. Aber auch außerhalb der Ökonomie, im normalen Alltagsleben, taucht der Begriff mehr denn je auf. Nachhaltiges Reisen, Einkaufen, selbst der Bäcker um die Ecke, nachhaltiges Essen, nachhaltiger Weinbau – alles wird nachhaltig oder mindestens „Bio“. Nachhaltigkeit suggeriert, dass es in Summe und am Ende nicht schadet, dass der ausgestreckte Zeigefinger der Anklage nicht notwendig sein wird, weil Ausgleich und Wiedergutmachung auf dem Fuße folgen. Und es entsteht eine Welt der Label, Siegel, Zertifikate und Testate. Nachweise über Handelsketten und Auszeichnungen („Nachhaltigkeitshelden“, „EnergiesparChampions“ u.a.) pflastern diesen Weg hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft, im Einklang mit dem Guten. Die Nachhaltigkeit scheint nur so gut wie sie sichtbar ist, gelabelt und erklärt wird. Tue Gutes und zertifiziere es, damit Kunden und Öffentlichkeit das Engagement zur Kenntnis nehmen und die Kaufentscheidung danach richten. Selbstverpflichtung als Einladung an Dritte.
Vom "ehrbaren Kaufmann" zu den ESG-Kriterien
Es lohnt ein Blick zurück. Bona fides – Der „Ehrbare Kaufmann“ hat eine lange Tradition, ausgehend vom mittelalterlichen Italien, den süddeutschen Handelsgesellschaften bis hin zur Hanse. Die ehrbaren Kaufleute stehen für eine verantwortungsvolle Teilnahme am Wirtschaftsleben und ein kluges Management, von dem das Unternehmen sowie seine Umgebung profitieren. Ein „Ehrbarer Kaufmann“ soll erkennbar sein an der
Einhaltung von Tugenden, die einen langfristigen wirtschaftlichen Erfolg respektieren, ohne den Interessen der Gesellschaft zu schaden oder entgegenzustehen. Er wirtschaftet also nachhaltig. Hege und Pflege statt Ausbeutung und Raubbau. Ein Agieren im Dienst kommender Generationen und nicht nur für den Augenblick. Und auch die christliche Ethik und Soziallehre sind älter als alle grünen Gedankenspiele und eigentlicher Ursprung des Nachhaltigkeitsgedankens. Die katholische Soziallehre ist immerhin Wegbereiter der sozialen Marktwirtschaft, also dem Ausgleich der Marktkräfte verpflichtet; die Dominanz des Markts und seiner Funktionsweisen werden durch soziale Gegenkräfte geordnet. Nicht nur der Faktor Kapital, auch der Faktor Mensch kommt zu seiner Bedeutung, geprägt durch die Erfahrungen des Raubbaus frühindustrieller Situationen. Aktuell orientieren sich die meisten Unternehmen in der Umsetzung der Nachhaltigkeit an sogenannten ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance), die sich als Standard zur Clusterung der Angaben über Nachhaltigkeit durchgesetzt haben.
ESG steht für drei relevante Aspekte: Environment steht für alle Umweltaspekte wie Umweltverschmutzung, Treibhausgasemissionen oder Energieeffizienzthemen, und zwar in der Produktentstehung wie für den Produktlebenszyklus. Social beschreibt die Aspekte zu den Sozialthemen wie Vergütungsgerechtigkeit, Arbeits- und Gesundheitsschutz oder Diversity. Und Governance definiert die Anforderungen an eine nachhaltige Unternehmensführung und Gremienmanagement. Dabei ist das Korsett aus Paragrafen signifikant enger geworden. Die EU legt mit Klimavorgaben vor, Verbot von
Plastik, Reduzierung von CO2 und eine Verschärfung im Naturschutz. Aber auch im Aktiengesetz und Handelsgesetzbuch sind in den letzten Jahren massive Zuwächse an Regularien erfolgt: die Rechnungslegungsvorschriften und Verpflichtungen wie der Corporate Governance Kodex, die Vorgaben für Nachhaltigkeitsberichte etwa sind hinzugekommen. Die Vereinten Nationen hatten mit den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen vorgelegt und die Frage ist, wie der Stand der Umsetzung erfasst und dokumentiert werden kann. Unternehmen – auch Zeitarbeitsfirmen – müssen zeigen, was sie an Corporate Social Responsibility (CSR) unternehmen. CSR ist die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens und beschreibt die Verantwortung von Unternehmen für die Auswirkungen aller ihrer Geschäftstätigkeiten auf die Gesellschaft. Unternehmen sind gehalten, Good Citizenship zu betreiben; damit ist ein gutes bürgerschaftliches Verhalten gemeint, in dem man als Unternehmen über die eigentliche Geschäftstätigkeit hinaus Gesetze respektiert, den Nächsten achtet und sich in die soziale Gemeinschaft einfügt. Überhaupt ist das Einhalten von Gesetzen, die Compliance, eine eigene betriebswirtschaftliche und rechtswissenschaftliche Umschreibung geworden für die Regelkonformität von Unternehmen, also das rechtstreue Verhalten unter Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien und freiwilligen Kodexen. Gerade Zeitarbeitsfirmen sind fit im Beachten der Normenkorsette.
Aber auch konkrete Veröffentlichungsvorgaben haben Einzug gehalten: so etwa die Ergänzungen in § 289c des Handelsgesetzbuches, in dem Unternehmen beschreiben müssen, wie sie Arbeitnehmerbelange berücksichtigen, wobei sich die Angaben beispielsweise auf die Maßnahmen beziehen, die zur Gewährleistung der Geschlechtergleichstellung ergriffen wurden, die Arbeitsbedingungen, die Umsetzung der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, die Achtung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, informiert und konsultiert zu werden, den sozialen Dialog, die Achtung der Rechte der Gewerkschaften, den Gesundheitsschutz oder die Sicherheit am Arbeitsplatz. Unternehmen sind damit nicht nur verpflichtet, den Arbeitsschutz zu tun, sie müssen das Vorgehen auch beschreiben. Und das Beschriebene dann auch veröffentlichen.
Konkrete Personalarbeit im Zeichen der Nachhaltigkeit
Gute Personalarbeit ist letztlich der Nachhaltigkeit verpflichtet, strategisch aufgesetzt und operativ verwirklicht. Nachhaltigkeit wird daher zur Richtschnur für Personaler, gibt Orientierung in der Vielzahl möglicher Konzepte und Methoden. Damit bringt sich die Nachhaltigkeitsdebatte auch in die Personalarbeit ein, findet Anklang und Weiterentwicklung, befruchtet die Personalpolitik und das operative Handeln in HR. Gerade die Zeitarbeitsfirmen können hier einen signifikanten Nachhaltigkeitsbeitrag leisten, weil sie auf längerfristige Partnerschaft und nachhaltige Zusammenarbeit setzen. Vergütungsinstrumente zum Beispiel sind geeignet, nachhaltige Geschäftserfolge zu incentivieren. Nicht der schnelle Abschluss, der tragfähige zählt. In der Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex sollen Vorstandsvergütungen die Verfolgung nachhaltiger Ziele honorieren. Durch einen mehrjährigen Horizont der Zielerreichung soll sichergestellt werden, dass nicht kurzfristiges Kursfeuerwerk, sondern langfristig orientierte Ertragssicherung Vorrang haben. Auch Mitarbeiterbeteiligungen sind geeignet, die Bindung an das Unternehmen und damit ein nachhaltiges Engagement zu realisieren. Oder auch das Gesundheitsmanagement hat sich längst als Instrument der Achtsamkeit und des Ausgleichs etabliert. Die Arbeitsfähigkeit ist die psychische und körperliche Fähigkeit eines Arbeitnehmers, eingebunden in die Arbeitsgestaltung und konkrete Führungsbeziehung, die ihm zugewiesenen Arbeitsaufgaben erfolgreich zu bewältigen. Die Anforderungen sollen sich im Einklang mit der Leistungsfähigkeit befinden.
Schließlich ist die Betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20b SGB V auch ein finanzielles Gestaltungselement, um Aktionen zu fördern. Ein „Works Well-Being Index“ kann die Situation der Belegschaft analysieren und Leistungsdefizite aufzeigen. Nicht zuletzt sind auch Qualifizierungsimpulse zum Erhalt der Kompetenzen ein Beitrag zu Nachhaltigkeit und die betriebliche Berufsausbildung ist eine (nachhaltige) Investition in die Zukunft. Dabei beginnt Nachhaltigkeit bereits bei der Personalauswahl, um langfristige Arbeitgeberbindung zu erreichen. Und natürlich sind Travel policy und gesunde Ernährung weitere Elemente konkreter personalpolitischer Ideen. Diesen Faden aufzugreifen und in ein Gesamtkonzept zu bringen, das ist die Aufgabe für nachhaltige Personalarbeit auch und gerade für Unternehmen der Zeitarbeit.
Über den Autor
Prof. Dr. Rupert Felder ist Senior Vice President Global HR bei der HEIDELBERGER Druckmaschinen GmbH und zählte 2021 zu den Top 40 der HR-Manager. Darüber hinaus lehrt der Professor Media Management an der Hochschule RheinMain.