Mit einer Vision gemeinsam auf dem Weg der Zeitarbeit
„Den iGZ würde es nicht geben, wenn nicht Dietmar Richter gewesen wäre“, lud Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), den iGZ-Ehrenvorsitzenden auf die Bühne. Anlässlich des 20-jährigen Bestehens feierte der iGZ in Münster einen Festakt samt anschließender Geburtstagsparty.
„Vor 20 Jahren drohten die Abgaben an die gesetzliche Unfallversicherung VBG dramatisch zu steigen“, erinnerte Richter denn auch gleich an die Motivation, aus der sich 1998 mehrere Zeitarbeitsunternehmer zusammenschlossen. „Wir haben uns in dieser Frage vom damals einzigen Arbeitgeberverband BZA nicht gut vertreten gefühlt – und deshalb kurzerhand eine Interessengemeinschaft gegründet.“
„Lästig und nervig“
Der Weg begann steinig. „Wir wurden am Anfang von dem anderen Arbeitgeberverband überhaupt nicht ernst genommen“, kritisierte Edgar Schröder, iGZ-Gründungsberater. „Wir wurden als lästig und nervig wahrgenommen, man hat uns nicht auf Augenhöhe respektiert.“ Heute ist der iGZ mit rund 3.500 Unternehmen der mitgliederstärkste Arbeitgeberverband der Zeitarbeitsbranche.
Politisch sichtbar werden
„Man muss immer eine Zielorientierung haben“, beschrieb Gründungsmitglied Volker Homburg die Marschroute der ersten iGZ-Jahre. „Wir haben stets die Diskussion aufgenommen und weitergeführt, Vertrauen aufgebaut und sind politisch sichtbar geworden. Wir wollten eine neue Geschichte über Zeitarbeit erzählen.“ Es sei eine aufregende Gemengelage mit viel Spaß gewesen – „aber nicht nur!“
Tarifgeschichte ist Erfolgsgeschichte
Teil dieser Geschichte ist das Arbeitsfeld der Tarifpolitik. Das Ziel war klar: „Wir sind eine eigene Branche, wir brauchen einen eigenen Tarifvertrag“, erinnerte Holger Piening, ehemaliger iGZ-Tarifverhandlungsführer, an die ersten Stunden der iGZ-Tarifpolitik. „Zum Vorsitzenden der iGZ-Tarifkommission bin ich dann eigentlich als Einäugiger unter den Blinden geworden“, schmunzelte er, denn die Tarifarbeit war Neuland. Das darauffolgende halbe Jahr sei dann eins der spannendsten gewesen, mit viel verdichtetem Lernen und neuen Erfahrungen. Aus heutiger Sicht blicke er auf eine klare Erfolgsgeschichte.
„Tarifpolitik ist Recht und Pflicht zugleich“
Eine „sehr steile Lernkurve“ attestierte denn auch Armin Schild, ehemaliger Tarifverhandlungsführer der IG Metall, den iGZ-Vertretern. Dass man zu Beginn noch nicht alles wisse, sei kein Problem. Wichtig sei, dass man sich verstehe und stets aufeinander zugegangen sei. Holger Piening sei ein verbindlicher Ansprechpartner gewesen, mit dem man im Zweifel in einem Vieraugengespräch immer zurück auf den gemeinsamen Weg gefunden habe. „Wir haben damals ein neues Kapitel der Zeitarbeit eröffnet“, blickte Schild zurück, „und ich bitte Sie dringend, daran weiterzuarbeiten.“ Tarifpolitik sei für ihn nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht.
Branchenzuschläge: IG-Metall-Abschluss war Blaupause
Die Einführung der Branchenzuschläge war ein weiterer wichtiger Schritt der Tarifgeschichte. „Gewerkschaften haben da ja auch einen gewissen Stolz – mehrere Gewerkschaften wollten unbedingt mit uns den ersten Pilottarifvertrag abschließen“, erinnerte sich Sven Kramer, stellvertretender iGZ-Bundesvorsitzender und iGZ-Tarifverhandlungsführer. Schließlich habe es mit der IG Metall den ersten Abschluss gegeben – eine Blaupause für alle weiteren Branchenzuschlagstarifverträge, und eine Herausforderung für die gesamte Branche.
Kontakt- und Schlichtungsstelle vermittelt
Dementsprechend viele Anfragen bekam Torsten Oelmann von der unabhängigen Kontakt- und Schlichtungsstelle (KuSS) in den ersten Jahren zum Thema Branchenzuschläge. „Das wurde dann direkt von der Unterbrechung der Lohnfortzahlung und anschließend von der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes abgelöst“, so Oelmann. Inzwischen habe sich die Anzahl der Anfragen auf 700 bis 750 Anfragen im Jahr eingependelt. Wenn sich ein iGZ-Mitglied weigert, mit der KuSS gemeinsam eine Lösung zu finden, kann der iGZ-Bundesvorstand einen Verbandsausschluss verhängen. „Das ist in den vergangenen sechs Jahren auch gut 20 mal vorgekommen“, bekräftigt Oelmann, dass diese Sanktion keine leere Drohung ist.
Flexibilität ermöglichen
Als eine große Herausforderung der Zukunft nannte Nicole Munk, Leiterin der iGZ-Projektgruppe „Zeitarbeit 2030“, das Thema Flexibilität. „Wir als Zeitarbeitsunternehmer sind eigentlich die Spezialisten, die die Flexibilität auf Mitarbeiter- und auf Kundenseite am besten ermöglichen können“, war sich Munk sicher. Gleichzeitig halte sie es für wichtig, sich breiter aufzustellen. „Unternehmer müssen immer wieder überlegen, welche weiteren Dienstleistungen sie noch anbieten können.“ Der iGZ biete dazu auch passende Seminare an.
Keine weiteren Steine in den Weg legen
„Wir brauchen eine gemeinschaftliche Vision der Branche, wir müssen uns gemeinsam auf den Weg machen“, forderte der iGZ-Bundesvorsitzende Christian Baumann die rund 300 anwesenden iGZ-Mitglieder auf, auch weiterhin an einem Strang zu ziehen. Für die Zukunft wünsche er sich mehr Respekt für die Beschäftigten der Branche. „Immer wieder kommen Mitarbeiter zu mir und beklagen sich darüber, dass sie von der Gesellschaft als Mitarbeiter zweiter Klasse betitelt werden. Das darf absolut nicht sein.“ Er wolle sich zudem auch nicht mehr dafür entschuldigen müssen, dass die Zeitarbeit gute Arbeit mache und die Branche deshalb wachse. „Man darf uns nicht weiter Steine in den Weg legen“, forderte er. (ML)