Mindestlöhne durch die Hintertür
Oft wird eine feste Lohnuntergrenze für öffentliche Aufträge festgelegt. Bei einem öffentlichen Auftrag reicht es mittlerweile nicht mehr, nur ein günstiges Angebot zu unterbreiten und gute Qualität zu garantieren. In NRW beispielsweise muss das Unternehmen seinen Mitarbeitern mindestens 8,62 Euro Stundenlohn zahlen und viele weitere Kriterien einhalten. Das seit 2012 geltende Tariftreue- und Vergabegesetz wurde mittels Rechtsverordnung deutlich verschärft. Einige Länder verlangen zudem, dass eingesetzte Zeitarbeitnehmer die gleiche Bezahlung erhalten wie die Stammbelegschaft.
Gesetze
Weitere Landesregierungen nutzen nun die Vergabe öffentlicher Aufträge, um politische Ziele zu realisieren: Inzwischen gelten Tariftreue-Regelungen in einem Großteil der Bundesländer. Hessen, Bayern und Sachsen haben laut Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichem Institut (WSI) bislang keine derartigen Gesetze erlassen oder in Planung.
Europäisches Recht
Die in den Ländern erlassenen Gesetze verstoßen allerdings gegen europäisches Recht – laut einer noch unveröffentlichten Studie des Leiters der Forschungsstelle für Vergaberecht und Verwaltungskooperationen der Universität München, Martin Burgi, im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), dürfe ein Mitgliedsstaat zum Schutze der Arbeitnehmer ein bestimmtes Lohnniveau vorschreiben. Es sei aber nicht zulässig, eine solche Vorschrift nur auf die Beschäftigten zu beschränken, die bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags eingesetzt würden. Schließlich lasse sich der vom Gesetzgeber angestrebte Arbeitnehmerschutz nicht erreichen, wenn man ihn auf den vergleichsweise kleinen Teil beschränkt, den die öffentliche Beschaffung an der Gesamtwirtschaft einnimmt. Eine Mindestlohnregelung ist danach nur zulässig, wenn sie für die gesamte Wirtschaft gilt.
"Etikettenschwindel"
Für den Hauptgeschäftsführer des vbw, Bertram Brossardt, sind die Tariftreue-Gesetze „ein Etikettenschwindel“. Schließlich, so Brossardt, würden auf diesem Weg Tarifverträge ausgehebelt. „Es geht um die Implementierung gesetzlicher Mindestlöhne durch die Hintertür", mahnt der Verbandschef. (WLI)
Die Regelungen stehen im Anhang zum Download.