Länderreport zur Zeitarbeit

Das Institut für Arbeits- und Berufsforschung (IAB) der BA erwartet, dass die Wirtschaft im Jahresverlauf um 1,8 Prozent wachsen wird. Daraus resultiert auch eine gestiegene Bereitschaft der Unternehmen in Baden-Württemberg, neue Jobs zu schaffen. Dieser starke Wirtschaftsstandort mit seiner Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften trifft auf eine landesweite Arbeitslosenquote von 3,9 Prozent im Dezember 2013. Zum Vergleich: Bundesweit liegt dieser Wert bei 6,7 Prozent. Auch bei der Jugend liegt das Ländle an der Spitze des Rankings. Mit 2,6 Prozent verzeichnet Baden-Württemberg erneut die bundesweit niedrigste Jugendarbeitslosenquote. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Baden-Württemberg hat erneut zugenommen – auf jetzt mehr als 4,2 Millionen Menschen. Das ist ein Plus von 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ebenfalls im Plus sind die Beschäftigten in der Zeitarbeit. Die Zahl steigt um 2,8 Prozent im Vorjahresvergleich auf 94.700. Das bedeutet einen Zeitarbeitsanteil an allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen von 2,2 Prozent.

BA-Punktesystem benachteiligt nicht

Im Gespräch mit den beiden iGZ-Vertretern machte Tobias Pieper, Leiter Unternehmens- und Verbandsarbeit, Arbeitsmarkt- und Politikberatung der Regionaldirektion, deutlich, dass die Zeitarbeit auch weiterhin ein wichtiger Kooperationspartner für die BA in Baden-Württemberg sei: „Zeitarbeitsunternehmen werden von uns so behandelt, wie alle anderen Arbeitgeber auch. Es darf hier aus unserer Sicht keine Ungleichbehandlung geben.“ Er dementierte auch, dass es ein Punktesystem zur Beurteilung der Arbeitsvermittlungen gebe, das die Zeitarbeit besonders benachteilige. Im Gegenteil sei es so, dass zu 75 % die Quantität und zu 25 % die Qualität der Vermittlung bewertet würde. Zur Beurteilung der Qualität einer Arbeitsvermittlung würden vier Aspekte heran gezogen. Dazu gehöre einerseits die Nachhaltigkeit der Arbeitsaufnahme und andererseits die Integrationsfunktion.

Aktivierung stiller Arbeitsmarktreserven

Im Gespräch mit dem Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft sprachen Zeller und Speker zudem über Möglichkeiten, dem Fachkräftemangel offensiv zu begegnen. Die Überschrift der Aktivierung der stillen Arbeitsmarktreserve ist auch im Gespräch mit der BA bereits gesetzt worden. Hier gilt es effektive Instrumente zu finden und zu erproben, die den Besonderheiten der Zeitarbeit und den Nachfragebedingungen der Einsatzunternehmen gleichermaßen gerecht werden. Gemeinsam mit Bildungswerk-Geschäftsführer Stefan Küpper vereinbarten die iGZ-Vertreter hierüber im Gespräch zu bleiben.

Maximale Überlassungsdauer realitätsfremd

Mit politischen Vertretern trafen sich Armin Zeller und Marcel Speker anschließend, um insbesondere die im Koalitionsvertrag der Großen Koalition vorgesehenen Regulierungen der Zeitarbeit kritisch anzusprechen. „Eine maximale Überlassungsdauer von 18 Monaten wird uns und die Wirtschaft gerade im Bereich des hochqualifizierten Projektgeschäfts hart treffen. Wenn Sie einen Ingenieur für ein Projekt an einen Einsatzbetrieb überlassen und diesen nach 18 Monaten auch dann abziehen müssen, wenn das Projekt noch nicht beendet ist, dann ist das völlig realitätsfremd“, beklagte Zeller. Zudem wies er darauf hin, dass das erzwungene Ende eines Einsatzes für den Mitarbeiter, der sich zum Beispiel in der Metall- und Elektroindustrie in der höchsten Branchenzuschlagsstufe mit einem Lohnplus von 50 Prozent befindet, zu erheblichen Einkommensnachteilen führe. „Mir ist unbegreiflich, wie die Politik eine solche Bevormundung als Erfolg für die Zeitarbeitnehmer verkaufen möchte. Mit einer solchen Regelung schadet sie den Zeitarbeitnehmern und hilft ihnen nicht.“

Verstoß gegen Tarifautonomie

Speker sprach in dem Zusammenhang auch die geplante Angleichung der Bezahlung von Zeitarbeitnehmern und vergleichbaren Mitarbeitern in den Einsatzbetrieben nach neun Monaten an.  Dabei beklagte er vor allem den Eingriff in bestehende Tarifverträge: „Im Koalitionsvertrag wurde an verschiedenen Stellen Rücksicht auf bestehende Tarifverträge genommen. So sind etwa bei den Regelungen zum Mindestlohn und auch bei denen zur maximalen Überlassungsdauer ausdrücklich tarifliche Öffnungsklauseln vorgesehen. Leider fehlt dieser Hinweis bei der Equal Pay-Passage in der Koalitionsvereinbarung.“ Dies sei jedoch ebenfalls nötig, da die Branchenzuschlagstarifverträge, die die Zeitarbeitsbranche zusammen mit den DGB-Gewerkschaften abgeschlossen habe, ausdrücklich auch den Zeitraum ab neun Monate Einsatzdauer regeln. Ein gesetzlicher Eingriff, der bestehenden Tarifen keinen Vorrang einräume, komme einer Tarifzensur gleich und stelle einen Verstoß gegen die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie dar, mahnte er. (MS)