Krise für Veränderung nutzen
Im Interview-Format „Auf 100 Worte mit“ müssen sich die Gesprächspartner kurz fassen. Ihnen stehen pro Antwort nicht mehr als 100 Worte zur Verfügung. Für dieses Interview traf sich der iGZ auf 100 Worte mit Anja Förster, Bestsellerautorin, Unternehmerin und Gründerin der Initiative Rebels at Work, um über die Chancen von Veränderung während und nach der Krise zu sprechen. Förster ist außerdem Referentin beim iGZ-Bundeskongress und spricht dort am 24. Juni über die "Entkalkungsfunktion von Krisen". Zur Anmeldung geht's hier. Weitere Infos finden sich auf ihrer Webseite.
Ihr Leben wird von der Interaktion mit Menschen bestimmt. Sie gehören zu den Top-Rednerinnen Europas und stehen dauernd im Rampenlicht. Wie haben Sie die letzten Monate mit Abstand und Kontaktbeschränkungen erlebt? Was hat die Coronazeit mit Ihnen persönlich gemacht?
Natürlich waren die vergangenen Monate nicht einfach. Reisen, Familie und Freunde treffen, mal spontan ins Kino gehen, all das war gar nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Aber diese Zeit hat bei mir nicht ausschließlich Frustration und Negatives hinterlassen. Gleichzeitig hatte ich Zeit zum Hinterfragen, Nachdenken und Sortieren meiner Gedanken. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich mich in einer privilegierten Situation befinde, deshalb wäre es unpassend, mich über meine vermeintlichen Entbehrungen zu beschweren. Wenn ich an die Menschen denke, die auf 50 Quadratmetern zu viert oder fünft leben und deren Job in Gefahr ist, dann ist das eine andere Sache.
In Ihrem neuen Buch „Vergeude keine Krise!“ schreiben Sie, dass man Krisen als sinnstiftende Irritationen verstehen kann, die Anlässe sind, Inventur zu machen. Was sind für Sie die wichtigsten Erkenntnisse aus der Pandemie, die Sie Unternehmern mit auf den Weg geben können?
Niemand braucht Krisen, niemand will sie. Aber trotzdem können sie bei Licht betrachtet sinnstiftende Irritationen sein, die uns aus der geistigen Erstarrung lösen und dazu einladen, Inventur zu machen. Das gilt übrigens für wirtschaftliche Krisen ebenso wie für persönliche Wendepunkte. So gesehen sind Krisen nützlich, denn sie haben eine wichtige Entkalkungsfunktion. Sie zwingen uns, radikal zu hinterfragen und uns von überholten Überzeugungen zu trennen und Lücken zu erkennen. Das ist die Chance, die in der momentanen Situation steckt.
Aufschwungszeit ist üblicherweise auch Zeitarbeitszeit. Unsere Mitglieder bereiten sich intensiv und aktiv für den wirtschaftlichen Aufschwung der kommenden Monate vor. Welche Themen sollten sie unbedingt ins Visier nehmen?
Trotz der positiven Vorzeichen wäre es unklug zu sagen: Prima, dann machen wir genauso weiter wie bisher. Schon vor Corona lief es in der Zeitarbeit nicht mehr rund. Gehen Sie davon aus: Was Sie hierher gebracht hat, wird Sie nicht in die Zukunft bringen, jedenfalls nicht sicher. So wie wir das Alter nicht mit dem gleichen Programm leben können wie unsere Jugend, so kann auch die Zukunft des Unternehmens nicht mit den Mustern der Vergangenheit gemeistert werden. Diejenigen Zeitarbeitsunternehmen, die am Markt bestehen wollen, müssen sich ein Stück weit neu erfinden. Eine wichtige Frage ist: Wie lassen sich Menschen klug an das Unternehmen binden? Denn Fachkräfte sind knapp. Dazu müssen neue Lösungen erdacht werden, die auch Out-Of-The-Box sein dürfen. (JR)