"Klare Benachteiligung für Zeitarbeitnehmer"
Als „unklar und widersprüchlich“ bezeichnete Prof. Dr. Clemens Höpfner die Gesetzesbegründung zur Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hinsichtlich der Überlassungshöchstdauerregelung. „Die zeitliche Begrenzung des Einsatzes und der Überlassung von Leiharbeitnehmern – einfachgesetzliche, verfassungsrechtliche und unionsrechtliche Fragen“, lautete sein Beitrag. Und der geschäftsführende Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster lieferte den rund 300 Zuhörern die Begründung seiner Einschätzung beim 7. Potsdamer iGZ-Rechtsform gleich mit:
Im Fokus stehe der Schutz der Zeitarbeitnehmer, weil sie nur für einen klar begrenzten Zeitraum eingesetzt werden können. Einer dauerhaften Auswechslung von Stammbeschäftigten werde so entgegengewirkt „und gleichzeitig bleiben Unternehmen flexible Einsatzmöglichkeiten erhalten“, erläuterte Höpfner. Dieses Auswechslungsargument sei im Ansatz zwar nachvollziehbar, aber es existiere keine empirische Untersuchung, inwieweit Kundenunternehmen Zeitarbeitnehmer tatsächlich dauerhaft zur Kostensenkung einsetzen.
Gleichstellung
Dagegen spreche der Gleichstellungsgrundsatz sowie die Lohnuntergrenze des allgemeinen Mindestlohns und die Vergütung durch das Zeitarbeitsunternehmen. Dafür hingegen könne die Auswechslungsgefahr aufgrund des Flexibilitätsvorteils für das Kundenunternehmen sprechen. Das Gesetz spreche zudem gegen den Schutz der Zeitarbeitnehmer, weil die Equal-Pay-Fristen mit jedem Einsatz neu beginnen. Die Begrenzung der Überlassungsdauer bedinge also auch einen finanziellen Verlust.
Entgegengesetzte Interessen
Der Zusammenhang beider Schutzzwecke irritiere, denn bei der Einsatzhöchstdauer stünden die Interessen von Zeitarbeitnehmern und Stammbelegschaft entgegengesetzt. Höpfner: „Die Stammbelegschaft einerseits hat ein Interesse an der Begrenzung, falls anderenfalls Auswechslung drohen könnte. Die Zeitarbeitnehmer andererseits haben Interesse an möglichst langfristigen Einsätzen, weil dann ein gesicherter Anspruch auf Equal Pay existiert.“ Lediglich beim Equal-Treatment-Schutz von Zeitarbeitnehmern und Stammbelegschaft seien die Interessen parallel.
Klare Benachteiligung
Als Folge verkehre sich das Zusammenspiel von Höchstüberlassungsdauer und Gleichstellungsgrundsatz zum Schutz des Zeitarbeitnehmers faktisch in sein Gegenteil. „Die Höchstdauer ist eine klare Benachteiligung für Zeitarbeitnehmer, da sie die Einsatzmöglichkeit beim Kundenunternehmen – und damit unter Umständen den Anspruch auf EqualPay – verlieren“, betonte der Experte.
Effektiver Schutz
Ein effektiver Schutz der Stammbelegschaft werde damit ebenfalls nicht gewährleistet, weil eben auch eine dauerhafte Besetzung eines Arbeitsplatzes mit mehreren Zeitarbeitnehmern möglich sei, sofern die Einsätze jeweils 18 Monate nicht überschreiten. „Die Überlassungshöchstgrenze dient daher weder dem Schutz der Zeitarbeitnehmer noch dem Schutz der Stammbelegschaft“, schlussfolgerte Höpfner. (WLI)