iGZ-Bundeskongress Bonn 2010
"Eigentlich sind die Positionen gar nicht mehr weit voneinander entfernt", stellte Gerhard Schröder, Teilnehmer der Podiumsdiskussion, sachlich fest. Lediglich die Wortwahl sei noch recht unterschiedlich. Recht unterschiedlich fiel denn auch das Echo der Referenten zum Thema Zeitarbeit aus: Regina Görner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, befasste sich unter dem Stichwort "Fair" mit der Frage, was denn die Gewerkschaften von guter Zeitarbeit erwarten.
Fairness
Und in der Tat: Ihre Ansätze zu Fragen wie etwa equal pay für Zeitarbeitnehmer fanden beim Publikum angesichts der Wortwahl und teils scharfer Formulierungen weniger freundliches Gehör. Die Journalistin Christiane Feist, Moderatorin des Bundeskongresses, wusste aufkeimendem Unmut jedoch routiniert zu begegnen, so dass die Veranstaltung ebenso professionell weiterlief, wie die Mitgliederversammlung des iGZ am Vormittag. "Zeitarbeit muss teurer werden" (Zitat Regina Görner, IG Metall) erregte die Gemüter zeitweise.
Flexibilität
Zu einem klaren "Ja" zur Zeitarbeit bekannte sich dagegen Dr. Hans Joachim Haß, Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Industriepolitik im Bundesverband der Deutschen Industrie, vor den rund 400 Teilnehmern des Bundeskongresses. Unter dem Stichwort "Flexibel" verdeutlichte Dr. Haß, was die Kundenunternehmen von der Zeitarbeit erwarten. Auch er fand mahnende Worte, allerdings von der anderen Seite des Diskussionstisches: Wenn ein Mindestlohn erst einmal gesetzlich festgelegt sei, lass sich das nicht mehr rückgängig machen gab er zu bedenken, dass sich Regulierungen im Nachhinein auch als Fehler herausstellen könnten.
Sicherheit
Ohne Zeitarbeit geht es nicht: MdB Dr. Ralf Brauksiepe, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales zeichnete in seinem Beitrag unter der Überschrift "Sicher. Was erwartet die Bundesregierung von guter Zeitarbeit?" das Erfolgsmodell Zeitarbeit - insbesondere mit Blick auf die beruflichen Perspektiven für Arbeitslose - nach. Mit Verweis auf den iGZ-DGB-Tarifabschluss unterstrich Brauksiepe, Arbeitnehmer brauchen die Sicherheit fairer Löhne. Mit Blick auf einen Mindestlohn erklärte er, das Bundesarbeitministerium werde die Aufnahme des tariflichen Mindestlohns ins Entsendegesetz unterstützen, so denn der Antrag der Tarifvertragsparteien gestellt werde.
Missbrauchsklausel
Er begrüßte die neuen tariflichen Klauseln zur Verhinderung des Missbrauchs durch konzerninterne Überlassung, verdeutlichte in diesem Zusammenhang aber: "Wir behalten uns ausdrücklich ergänzende gesetzliche Regelungen vor." Vorher signalisierte er aber weitere Gespräche mit den Tarifvertragsparteien. Unter dem großen Beifall des Publikums bezog der Staatssekretär Position für die Bezeichnung "Zeitarbeit" - laut BGB sei die Leihe einer Sache kostenlos: "Menschen sind keine Sache, und sie können auch nicht kostenlos verliehen werden. Deshalb gibt es nur Zeitarbeiter".
Die Realität der Zeitarbeit
Warum es eigentlich noch keinen Tarif-Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche gibt, fragte sich Wirtschaftsjournalist Gerhard Schröder in der anschließenden Podiumsdiskussion. Gemeinsam mit Regina Görner, Prof. Dr. Peter Hanau (Institut für deutsches und europäisches Arbeits- und Sozialrecht), Ingrid Fischbach, (MdB) stellvertretende Vorsitzende der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, dem stellvertretenden iGZ-Bundesvorsitzenden Holger Piening und Eric Thode, Bertelsmann-Stiftung, richtete er den Blick auf neue Herausforderungen für die Arbeitsmärkte - Zeitarbeit grenzenlos ab 2011. Dabei rückte Holger Piening das Bild der Zeitarbeit zunächst in ein realistisches Licht - erläuterte an Regina Görner gewandt, wie tägliche Zeitarbeit aussieht und verwahrte sich gegen das negative Bild von Zeitarbeit, das immer wieder an die Wände geworfen werde. Schwarze Schafe, das klang an diesem Tag mehrmals durch, gibt es überall - dafür brauche es keine Zeitarbeit.
Leitbild für die Branche
Ein Leitbild für die Zukunft der Branche - RA Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer des iGZ, nannte die Bedingungen, wie heutige und künftige Herausforderungen zu meistern sind: Angemessene Entlohnung, berufliche Perspektiven und gute Arbeitsbedingungen seien für einen fairen Lohn und anständigen Wettbewerb in der Zeitarbeitsbranche unabdingbar. Ohne die originäre Funktion der Zeitarbeit als Puffer für Auftragsspitzen in Frage zu stellen, biete sich eine Annäherung der Arbeitsbedingungen in der Zeitarbeit an die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen der Kernbelegschaften sowie ein Zuwachs an Bestandssicherheit mit wachsender Verweildauer an, zitierte er die jüngsten Ergebnisse einer Studie der Bertelsmann-Stiftung. Es gelte, sich den Herausforderungen Lohngerechtigkeit, Ausbildung sowie Qualifizierung und Prävention, Arbeitsschutz sowie Gesundheit zu stellen, um der EU-Richtlinie zur Zeitarbeit - "angemessene Schutzniveau sichern" gerecht zu werden.
Positives Fazit
Die iGZ-Bundesvorsitzende dankte abschließend - nachdem sie sich als "Glücksfee" im Rahmen eines iGZ-Preisausschreibens betätigt hatte, Haupt- und Ehrenamt des iGZ für ihren Einsatz und zog zum Abschluss des Bundeskongresses ein positives Fazit dieser rundum gelungenen Tagung mit neuen Impulsen für alle Beteiligten.
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