IAB: Weniger chronisch Arbeitslose
Die Zahl derjenigen, die nachhaltige Beschäftigungsprobleme aufweisen, ist seit dem Jahr 2006 in Deutschland deutlich gesunken. Ihr Anteil an der Gesamtheit der Erwerbstätigen und der Erwerbslosen hat sich seitdem halbiert: Er sank von mehr als sechs auf rund drei Prozent. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Zeitarbeitsbeschäftigten von 600.000 auf 990.000 Arbeitnehmer erhöht. „Zeitarbeit bietet gerade Personen mit unsteter Erwerbslaufbahn sehr gute Wiedereinstiegschancen“, erläutert Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ). Zwei Drittel der Zeitarbeitnehmer, die einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, waren laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit zuvor beschäftigungslos, jeder sechste war langzeitarbeitslos.
Realistischeres Bild
„Der konventionelle Indikator Langzeitarbeitslosigkeit erfasst nicht diejenigen, deren Arbeitslosigkeit durch kurze Phasen der Beschäftigung oder durch die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen unterbrochen wird, und die dennoch am ersten Arbeitsmarkt nicht richtig Fuß fassen können“, begründet die IAB-Arbeitsmarktforscherin Regina Konle-Seidl, warum die Betrachtung der chronischen Arbeitslosigkeit repräsentativer sei. Das Konzept der „chronischen Arbeitslosigkeit“ liefere ein realistischeres Bild davon, wie viele Arbeitnehmer nachhaltige Integrationsprobleme in Beschäftigung haben.
Arbeitnehmer mit unsteter Erwerbshistorie eingeschlossen
Zu den chronisch Arbeitslosen gehören im Gegensatz zur Langzeitarbeitslosigkeit nicht nur Beschäftigungslose, die durchgängig zwölf Monate oder länger arbeitslos sind, sondern auch diejenigen, die eine unstetige Erwerbshistorie mit sehr kurzen Beschäftigungsphasen, Arbeitslosigkeit und Maßnahmenteilnahme im Wechsel aufweisen. Fast die Hälfte aller chronisch Arbeitslosen befinde sich seit mindestens fünf Jahren in diesem Status. Andererseits gelinge in einem Fünfjahreszeitraum rund 15 Prozent der chronisch Arbeitslosen der Übergang in eine längerfristige Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt.
Arbeitsmarkpolitische Maßnahmen greifen
Im Jahr 2015 gab es in Deutschland 1,2 Millionen chronisch Arbeitslose und rund eine Million Langzeitarbeitslose. Im Jahr 2006 waren es noch 2,6 Millionen chronisch Arbeitslose und 1,9 Millionen Langzeitarbeitslose. Für den Rückgang spielen der IAB-Studie zufolge sowohl die Hartz-Reformen als auch die nur kurz durch die Finanz- und Wirtschaftskrise unterbrochene günstige konjunkturelle Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren eine Rolle. Die Studie zeigt auch: Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen – vor allem Lohnkostenzuschüsse und berufliche Weiterbildung – können den Übergang aus chronischer Arbeitslosigkeit in längerfristige Beschäftigung begünstigen. „Für diejenigen, die keine realistische Chance auf Integration in den ersten Arbeitsmarkt mehr haben, könnten subventionierte Beschäftigungsverhältnisse zumindest zur Verbesserung der sozialen Teilhabe beitragen“, so IAB-Forscherin Konle-Seidl. (ML)
„Chronische Arbeitslosigkeit“ ist eine Phase, in der eine Person in
einem Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren nicht regelmäßig arbeitet, weil sie mehr als die Hälfte eines jeden Jahres als arbeitslos registriert ist und/oder an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnimmt und weniger als 30 Tage im Jahr ungefördert sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Die Studie ist auf der IAB-Internetseite abrufbar.