Herausforderungen der Zeitarbeitsbranche erörtert
„Wenn wir der Wirtschaft Flexibilität bieten sollen, muss die Politik uns als Branche auch ein gewisses Maß an Flexibilität einräumen“, forderte Christian Baumann beim iGZ-Landeskongress Nord in Hamburg. Vor rund 200 Teilnehmern kritisierte der iGZ-Bundesvorsitzende, dass die politischen Vorgaben für die Zeitarbeitsbranche immer enger werden.
„Die Zeit, in der Deutschland als kranker Mann Europas bezeichnet wurde, ist lange vorbei“, erinnerte André Trepoll, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion, daran, dass es der Wirtschaft und auch den Menschen in Deutschland insgesamt sehr gut gehe. „Natürlich gibt es Probleme, aber wir dürfen eben auch nicht immer alles schlechtreden“, appellierte er mit Blick auf die politisch unruhigen Zeiten an die Teilnehmer.
Mittelständische Wirtschaft
„Es ist gut, dass wir ein gemeinsames Europa haben, dass wir eine gemeinsame Währung haben“, so Trepoll. Gerade für eine Handelsmetropole wie Hamburg sei die wirtschaftliche Vernetzung eminent wichtig. „Hamburg ist sehr von der mittelständischen Wirtschaft geprägt – das ist für Sie als Zeitarbeitsunternehmer eine gute Chance“, so der CDU-Politiker. Denn hier gebe es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für Zeitarbeitskräfte.
Auf die Zeitarbeit angewiesen
Einsatzmöglichkeiten sah auch Michael Thomas Fröhlich, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein (UV Nord). Der Fachkräftemangel sei ein weiter wachsendes Problem. „Wir setzen daher besonders auf Menschen mit Handicap, Ältere, Jugendliche mit Migrationshintergrund und Frauen, die den Wiedereinstieg in den Beruf planen“, so Fröhlich. Doch zum Beispiel die Pflegebranche und die Metall- und Elektroindustrie sei zusätzlich auf den Einsatz von Zeitarbeit angewiesen. „Wir brauchen Sie an unserer Seite“, sprach er deshalb zugleich die anwesenden Unternehmer als auch die Partnerschaft mit dem iGZ an.
Bild des Unternehmers
Verärgert zeigte sich Fröhlich über die Art der Darstellung der Unternehmer in der Öffentlichkeit. „Schon in den Schulbüchern werden Wirtschaft und Industrie als Fabriken mit rauchenden Schloten dargestellt – als düsterer Arbeitsplatz, der eine Gesundheitsgefahr berge. Und wenn man dann am Sonntagabend den ‚Tatort‘ schaut, ist der Unternehmer in der Regel der, der auf der Anklagebank sitzt.“ Die Unternehmer müssten sich gemeinschaftlich mit den Verbändern dafür einsetzen, dass dieses Bild geradegerückt werde. „Wir müssen mit positiven Beispielen dagegenhalten“, so Fröhlich.
Arbeitgebermarke
„Wer fragt, der führt“, gab Daniela A. Ben Said, Quid agis GmbH, den Teilnehmern mit auf den Weg. „Motivieren Sie Ihre Mitarbeiter durch Fragen dazu, selbst Lösungen zu finden – und halten Sie die Stille aus, bis Ihr Gegenüber eine Antwort gefunden hat“, riet Ben Said. Dieses Prinzip funktioniere ebenso in der Mitarbeiterführung wie auch im Vertrieb. In ihrem Vortrag gab sie zudem Tipps zur Stärkung der eigenen Arbeitgebermarke: „Seien Sie kreativ, nutzen Sie digitale Kanäle, setzen Sie sich von der Masse ab.“
Tipps für Soziale Netzwerke
Thorben Fasching, Geschäftsführer Open Reply Germany, erläuterte im Anschluss, wie Unternehmer auf die Besonderheiten der digitalen Kanäle eingehen sollten. „Ein großer Vorteil ist, dass Sie die Zielgruppe für Social-Media-Postings sehr genau eingrenzen können“, hob Fasching hervor. Für langfristigen Erfolg sei es zudem unabdingbar, das eigene Unternehmen realistisch darzustellen und mit der Zielgruppe auf Augenhöhe zu kommunizieren. „Dann ist auch die Gefahr eines Shitstorms gering – der ohnehin meistens keine so schlimmen Folgen hat, wie oft befürchtet wird.“
Im Übermorgen denken
„Wirtschaft und Politik können eine ganze Menge voneinander lernen“, wusste Carsten Meyer-Heder, Inhaber team neusta und Spitzenkandidat der CDU Bremen für die Bürgerschaftswahl 2019. Politik und Konzerne würden häufig zu kurzfristig denken. „Wir müssen im Übermorgen denken, um unsere Produkte und Dienstleistungen weiterzuentwickeln.“ Zudem werde Leistung in Unternehmen zu häufig an Fehlerquoten festgemacht. „Und genau das ist der Fehler“, brachte es Meyer-Heder auf den Punkt. Er forderte einen anderen Führungsstil für Konzerne, der mehr das Vertrauen in die Mitarbeiter und die Anerkennung ihrer Leistungen in den Mittelpunkt stelle.
Aktuelles zum AÜG
„Zeitlich passender hätte dieser Vortrag kaum sein können, denn genau in diesen Tagen endet die erste Frist der Überlassungshöchstdauer“, eröffnete Stefan Sudmann, iGZ-Fachbereichsleiter Arbeits- und Tarifrecht, seinen Vortrag. Er gab einen Überblick über die aktuellen Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und ging dabei insbesondere auf die Abweichungsmöglichkeiten durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ein.
Tarifpolitischer Ausblick und Fachforen
Abschließend gab Sven Kramer, stellvertretender iGZ-Bundesvorsitzender, einen Ausblick auf die tarifpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten (zum separaten Artikel). Zusätzlich bot der iGZ-Landeskongress Nord insgesamt sechs verschiedene Fachforen zur Auswahl. Dadurch konnten die Teilnehmer ihr ganz persönliches Programm entsprechend der individuellen Interessen gestalten (zum separaten Artikel). (ML)