Gemeinsam gegen Gesetzeswirrwarr
„Für die Branche gilt das Gleiche wie für alle. Die Zeitarbeit muss qualifizieren. Die Anforderungen für die Zeitarbeitsbranche werden steigen. Wer Fachkräfte vermitteln will, muss auch entsprechend qualifizieren. Andererseits gehört lebenslanges Lernen zur Arbeit heute einfach dazu“, betonte Stefan Körzell beim iGZ-Bundeskongress in Berlin.
„Personaldienstleister als Consulter - Berater - für Arbeitnehmer und die Wirtschaft“ lautete das Thema einer Talkrunde mit Stefan Körzell, Mitglied im DGB-Bundesvorstand und Andreas Schmincke, Mitglied im iGZ-Bundesvorstand und Mitglied der iGZ-Tarifkommission. Moderiert von der Fernsehjournalistin Anke Plättner wagten beide den Blick in die Glaskugel.
Gestaltungsmöglichkeiten
Körzell unterstrich, die Gewerkschaften wollen sich bei den Gestaltungsmöglichkeiten zur Qualifizierung beteiligen. Andreas Schmincke berichtete, es gebe bereits viele Zeitarbeitsfirmen, die in Sachen Weiterbildung schon unterwegs seien. Es sei dabei aber auch zu beachten, nicht am Bedarf vorbei zu qualifizieren. Als Hindernis bei Qualifizierungen nannte er die Überlassungshöchstdauer. Schmincke erläuterte, dass sich Arbeitgeber und Gewerkschaften bei diesem Thema überhaupt nicht im Weg stünden. Körzell votierte dafür, Bildung gemeinsam zu gestalten.
Tarifautonomie
Er verwies auf das hohe Gut der Tarifautonomie – es bräuchte keiner Gesetzgebung, denn in Tarifverträgen werde nicht nur die Entlohnung geregelt. Regelungen unter den Sozialpartnern seien praxistauglicher, erklärte das DGB-Bundesvorstandsmitglied. „Je mehr wir unter uns regeln, desto weniger brauchen wir den Gesetzgeber“, appellierte Körzell für tarifliche Lösungen. Dazu, so Schmincke, sei das aufeinander Zugehen eine wichtige Voraussetzung. Man müsse sich frage, wie langfristige Qualifizierung möglichst kurzfristig realisiert werden könne.
Gesetzeswirrwarr
Wer über Fachkräftemangel rede, müsse auch die Bedarfe der Kundenunternehmen ermitteln und analysieren. Durch das gesetzgeberische Wirrwarr sei die Zeitarbeitsbranche auch zu einem großen Teil zum Berater der Kundenfirmen geworden. Körzell äußerte, es existiere angesichts der Gesetzgebung in der Tat eher Verwirrung – deshalb sei es umso wichtiger, gemeinsam Lösungen für das Thema Weiterbildung zu entwickeln.
Relikt aus alter Zeit
In diesem Zusammenhang kritisierte Schmincke den restriktiven Umgang des Gesetzgebers mit der Zeitarbeitsbranche: Als „Relikt aus alter Zeit“ bezeichnete Schmincke das Verbot des Einsatzes von Zeitarbeit im Bauhauptgewerbe. Zur Zeitarbeit im Pflegebereich merkte das iGZ-Bundesvorstandsmitglied an, dass es fast egal sei, was die Zeitarbeit mache – entweder werde kritisiert, dass die Zeitarbeit höher zahle als die Arbeitgeber ihren Stammmitarbeitern, oder es werde per se kritisiert, dass überhaupt Zeitarbeit in diesem Bereich eingesetzt werde. „Das ist ein echtes Missverhältnis in der Darstellung von Zeitarbeit in der Öffentlichkeit“, ärgerte sich Schmincke.
Fachkräftemangel
Stefan Körzell mahnte, der Fachkräftemangel summiere sich auf. Neben dem steigenden Demografieproblem scheine heutzutage beispielsweise auch jeder Abitur machen zu müssen, verwies er auf die immer größer werdenden Lücken im Handwerk. „Gemeinsam eine machbare Lösung finden, ohne dass eine Partei meint, sie sei die unterlegene Fraktion“, wünschte sich Stefan Körzell für die kommenden Tarifverhandlungen – zum Jahresende endet die Laufzeit des aktuellen Tarifvertrags. „Der administrative Aufwand sollte nicht weiter zunehmen“, hoffte Andreas Schmincke für die kommenden Tarifgespräche. (WLI)