Experten diskutieren Folgen der AÜG-Reform

„Positiv ist, dass das Inkrafttreten des Gesetzes vom Jahresbeginn auf den 1. April 2017 verschoben wurde. Damit gewinnen Sie mehr Zeit, um Ihre Prozesse entsprechend anzupassen“, stieg Dr. Martin Dreyer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), positiv in seinen Vortrag zu den Eckpunkten und Fakten des geänderten Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ein.

Anschließend erläuterte er, welche Stichtage mit Blick auf die AÜG-Reform für die iGZ-Mitglieder besonders wichtig sind. Ab dem 1. April müsse zum Beispiel schon vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses deutlich gemacht werden, dass es sich um Arbeitnehmerüberlassung handelt. Außerdem müssen die eingesetzten Mitarbeiter namentlich benannt werden.

Equal Pay

Das gesetzliche Equal Pay werde zum ersten Mal zum Jahreswechsel 2017/2018 fällig. „Ziel des iGZ ist es an dieser Stelle, die elf bestehenden Branchenzuschlagstarifverträge weiterzuentwickeln und darüber hinaus noch weitere Tarifverträge abzuschließen“, nannte Dreyer die iGZ-Richtung in den Tarifverhandlungen. Dann greife nach der Übergangsfrist tarifliches Equal Pay anstelle des gesetzlichen Equal Pay, was deutlich leichter administrierbar sei.

Höchstüberlassungsdauer

Mit Blick auf die Höchstüberlassungsdauer bemängelte Dreyer, dass nur die Tarifpartner der Einsatzbranchen abweichende Tarifverträge abschließen dürfen. „Wir halten das für verfassungsrechtlich höchst fragwürdig – müssen jetzt aber zunächst einmal mit dieser Regelung leben“, positionierte sich der stellvertretende iGZ-Hauptgeschäftsführer. Voraussichtlich greife die Höchstüberlassungsdauer zum ersten Mal am 1. Oktober 2018.

Expertengespräch

In einem Expertengespräch diskutierten anschließend Kai Schweppe, Geschäftsführer Arbeitspolitik bei Südwestmetall, und Nicole Munk, Geschäftsführerin SYNERGIE Personal Deutschland, die neuen AÜG-Regelungen und deren Folgen für die Zeitarbeitsbranche. Wichtig sei es, gegenüber den Kundenunternehmen für Transparenz zu sorgen: „Bei der Einführung der Branchenzuschläge haben wir unsere Kunden bewusst früh informiert und das als Wettbewerbsvorteil für uns genutzt“, teilte Munk ihre Erfahrungen der letzten großen Veränderung in der Zeitarbeitsbranche mit den Kongressteilnehmern.

Probleme beim gesetzlichen Equal Pay

Schweppe räumte ein, dass vermutlich nicht alle Kundenunternehmen ihre Entgeltstrukturen offenlegen wollen. Darum werde es schwierig, den Anforderungen des gesetzlichen Equal Pay zu genügen. Denn dann müssten zum Beispiel auch Essenszuschläge oder betriebliche Vergünstigungen an das Zeitarbeitsunternehmen kommuniziert werden. „Und das wird sicherlich einigen Betrieben zu weit gehen“, mutmaßte er. „Auch darum wollen wir noch weitere Branchenzuschlagstarifverträge abschließen, um Equal Pay tariflich zu regeln“, ergänzte Dreyer. Das betreffe zum Beispiel das Handwerk, ging Dreyer auf die Frage eines Kongressteilnehmers ein.

Positiver Ausblick

„Was passiert, wenn im Frühjahr die AÜG-Reform in Kraft tritt?“, stellte der Moderator Dr. Jochen Voß, Journalist beim Südwestrundfunk (SWR), die Schlussfrage. „Dann werden wir auch diese Herausforderung meistern“, zeigte sich Munk optimistisch. Rückendeckung bekam sie dabei vom Südwestmetall-Vertreter: „Natürlich befürchten wir, dass die Zeitarbeit teurer und bürokratischer wird. Aber dennoch werden wir weiterhin auf das für uns wichtige Instrument Zeitarbeit zurückgreifen“, betonte er. (ML)