ES-Unternehmerforum: Geplante Verbandsneugründung im Fokus

Ein Unternehmerforum wie ein Überraschungsei: Viele Informationen, eine Jubiläumsfeier und gepflegtes Netzwerken standen auf dem Programm des 16. ES-Unternehmerforums in Fulda. Im Mittelpunkt des Interesses stand dabei die geplante Verschmelzung der beiden Zeitarbeitgeberverbände, des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP), und des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ).

Stimme für eine Branche

„Wenn wir das jetzt wagen, muss die Zielsetzung sein, dass wir Stimme und Plattform für eine ganze Branche sind“, erläuterte Christian Baumann, iGZ-Bundesvorsitzender, dem Plenum im „ausverkauften“ Saal des Esperanto-Hotels. Mit dann rund 6.000 Mitgliedern sei der neue Gesamtverband der Personaldienstleister eine nennenswerte Größe, „die auch wahrnehmbar ist – und zwar auch international“, betonte der Hamburger Unternehmer. Der europäische Kontext werde für den Verband und die Branche rahmenfüllend sein.

Mammutaufgabe

„Das ist eine Mammutaufgabe, die viel Zeit brauchen wird“, kündigte Baumann an. Sebastian Lazay, Präsident des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP), verwies auf den status quo der Zeitarbeit: „Wir haben derzeit ein schlechtes Standing. Wir müssen eine stärkere Vernetzung hinbekommen, haben aber auch schon Zuspruch von anderen Verbänden.“ Zwei Verbände bedeuten – so Lazay – zu viel Aufwand bei der Lobbyarbeit. Die Verbände müssten sich ständig im Sinn der Branche abstimmen.

Das Beste zusammenschieben

„Wir haben verschiedene Standpunkte – wenn wir das zusammenschieben, wird die Welt vielfältiger“, erklärte Lazay die Vorteile eines großen Verbandes für die Personaldienstleistungsbranche und zeigte sich zuversichtlich. Lazay: „Eine Branche braucht eine Stimme.“ Inhaltlich sei bereits sehr viel Arbeit geleistet worden: „One Man one vote wird bleiben“, kündigte Baumann an. „Wir haben beide eine unglaublich bunte Mitgliedschaft in allen Größen und Ausrichtungen“, verdeutlichte der iGZ-Bundesvorsitzende die Strukturen beider Verbände.

Ziele umsetzen

Das manifestiere sich auch im Ehrenamt: „Die ehrenamtlich engagierten Kollegen der alten Verbände gehen in  die neue Struktur über“, unterstrich Baumann. Das sei in Vorstand und Präsidium zunächst zwar voluminös, werde sich dann indes wieder reduzieren. Damit sei der neue Verband in der Lage, die ersten Ziele umzusetzen. Beide betonten, es gebe bereits sehr viel Zustimmung aus beiden Mitgliedschaften. Jetzt seien die Mitglieder hier wie da am 21. Juni gefragt, über die Verbandsneugründung zu entscheiden.

Neue Strukturen

Zunächst sei verhalten über die laufenden Abstimmungsprozesse kommuniziert worden – nun werde regelmäßig per Newsletter über den neuesten Stand informiert. „Veränderungen bringen aber auch Schmerzen mit sich“, unterstrich Lazay. Positionen und Strukturen werden sich auch im Hauptamt laut BAP-Präsident ändern: „Wir können das aus dem Ehrenamt ein bisschen begleiten“, bot er an.

Schlaflose Nächte

Baumann bestätigte, der Kern der Umsetzung liege beim Hauptamt. „Das ist ganz großes Tennis, das auch schon schlaflose Nächte gekostet hat. Wir brauchen neue Ideen, Visionen und ein Leitbild“, erklärte er. Die Themen werden laufend in Arbeitsgruppen aufgearbeitet und diskutiert. Zweck sei es, die Leistungen zu verbessern. Erste Ergebnisse liegen vor, Baumann: „Der Gedanke ist, das jeweils Beste aus beiden Verbänden weiterzuführen.“ Als Beispiele nannte er die Kontakt- und Schlichtungsstelle, den Ethikkodex und die Personalvermittlung im Bereich Internationales. Die Personalentwicklung werde neu mit aufgenommen, sie sei bislang von beiden Verbänden jeweils kaum wahrgenommen worden.

Beitragsstruktur geschaffen

Auch zur Beitragsstruktur äußerten sich die Verbands-Chefs. Das sei der schwierigste Punkt gewesen: Der Grundbeitrag liege künftig jährlich bei 1.500 Euro, plus 360 Euro je Niederlassung – berechnet werden maximal 25 Niederlassungen. „Damit ist der Verband für die nächsten Jahre ausreichend finanziert“, stellten beide fest. „Wir haben unfassbar viel Arbeit investiert, hochprofessionell und konstruktiv zusammengearbeitet. Aber wir haben nur einen Schuss frei. Wir machen uns lächerlich, wenn das nicht gelingt“, appellierte Baumann abschließend für ein Votum pro Verbandsneugründung.

„Tolle Vision"

„Für mich war es die größte Überraschung, dass die Verbände die Neukonstruktion der Beitragsstruktur hinbekommen haben“, zollte denn auch Edgar Schröder Respekt, der im Rahmen seines 16. Unternehmerforums auch seinen 30. Unternehmensgeburtstag feierte. Diese Strukturen seien je über 20 Jahre stabil gewesen. Die Neugründung bezeichnete Schröder als „tolle Vision“. Unter dem Titel „Auf- und Umbruch – Mit Erfahrung in die Zukunft“ referierte Schröder eingangs der Veranstaltung vor den rund 200 Teilnehmern zur aktuellen Situation der Zeitarbeitsbranche, die vor zahlreichen Herausforderungen stehe.  Er habe einen Strukturwandel festgestellt – es laufe ein Veränderungsprozess in der Personaldienstleistung. Der Branchenumsatz sei im positiven Bereich, nachdem sowohl Kunden als auch Marktbegleiter zum Jahresauftakt massive Krankenstände hatten. Hinzugekommen seien akuter Bewerbermangel und im Nachgang Insolvenzen.

Drittstaatenregelung ein Skandal

Im Januar 2023 belief sich die Zahl der Zeitarbeitskräfte auf 698.800 Beschäftigte in der Arbeitnehmerüberlassung. „Zeitarbeit ist die Branche, die das Thema Beschäftigung von ausländischen Mitbürgern beherrscht“, fasste Schröder angesichts des hohen Ausländeranteils und mit Blick auf das derzeitige Beschäftigungsverbot von Drittstaatlern in Zeitarbeit zusammen. Sebastian Lazay bestätigte, die Regelung zur Fachkräftezuwanderung sei ein Skandal: „Es ist dumm, dass die Zeitarbeitsbranche außen vorgelassen wird.“ Auch die anderen Themen des Forums boten Stoff für Diskussionen. Unter anderem sprach Anne Gersdorff, Projektreferentin Jobinklusive, Sozialhelden e.V., unter der Überschrift „Inklusion in Unternehmen“ über die Hürden bei der Beschäftigung Behinderter.  

29.03.2023

BAP-iGZ-Stellungnahme zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Gesamtschutz auf dem Prüfstand

Stephan Kalhamer, Pokertrainer, Redner, Buchautor, beschäftigte sich mit dem Pokerspiel: Es lehre, risikoneutral zu denken, kontrolliert mutig zu sein, fundiert zu entscheiden und aktiv vorwärtszudenken.  Dr. Alexander Bissels, Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, thematisierte das EuGH-Urteil zum Gesamtschutz: Im Fokus stehe nun die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) dazu am 31. Mai. Die Situation sei ernst, aber nicht hoffnungslos – schlechte Karten haben seiner Meinung nach befristete Arbeitsverträge und Bissels empfahl den Teilnehmern mit Blick auf die zu erwartende Entscheidung, davon Abstand zu nehmen. 

15.12.2022

BAP-iGZ-Statement zum EuGH-Urteil Gesamtschutz der Zeitarbeitnehmer

Druck im Tarifkessel

Zum Abschluss ergriff der stellvertretende iGZ-Bundesvorsitzende und Verhandlungsführer der Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ), Sven Kramer, das Wort und informierte über die Tarifverhandlungen. Es sei mächtig Druck im Kessel stellte er angesichts der IG Metall-Forderung zum Inflationsausgleich fest.

 

 

 

 

 

Über den Autor

Wolfram Linke

Wolfram Linke ist seit Juni 2008 Pressesprecher des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen. Davor arbeitete er 18 Jahre lang als Redakteur bei einer Tageszeitung, bildete regelmäßig Volontäre aus, führte Praktikanten in die Welt des Journalismus ein und hielt zahlreiche Fachvorträge zum Thema Medien. Linke ist außerdem zertifizierter Online-Redakteur, Certified Microsoft Technology Associate (Windows und Netzwerke) und hat mehrere weitere Microsoft- sowie Adobe-Zertifikate. Seit März 2014 ist er Vorsitzender des Pressevereins Münster-Münsterland.


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