„Diese Situation ist für alle neu und einmalig“
In Zeiten der Corona-Krise bietet der iGZ seinen Mitgliedern kostenlose finanzielle Erstberatung bei zwei Unternehmensberatern an. Bernd Loh und Guido Alesius kennen die Zeitarbeitsbranche schon seit Jahrzehnten und helfen gern. Interview mit Bernd Loh und Guido Alesius, die zurzeit pro Tag 20 bis 30 Anrufe von Zeitarbeitsunternehmen erhalten.
Wie schlimm ist die jetzige Corona-Krise für die Zeitarbeitsunternehmen?
Loh: Die Bandbreite der Unternehmen, die bei uns anrufen, ist sehr vielfältig und heterogen. Bei manchen steht es schon ‚5 vor 12‘, andere möchten sich erstmal nur prophylaktisch informieren. Aber diese Corona-Krise ist wirklich einmalig und branchenübergreifend. Jeden Tag gibt es neue Informationen und keiner weiß, wie lange dieser Ausnahmezustand dauert.
Um welche Themen geht es den Unternehmern?
Alesius: Die meisten erkundigen sich nach einer schnellen und möglichst unbürokratischen Liquiditätsunterstützung. Am Liebsten über nicht rückzahlbare Zuschüsse, aber auch über zinsgünstige Mittel der KfW. Wichtig ist dabei, dass Unternehmen versuchen sollten ihre Finanzlage realistisch aufzuzeigen. Dies ist sicher sehr schwer in der aktuellen Situation, denn Abweichungen können sich sehr plötzlich ergeben. Die Unternehmer sollten ihre Unterlagen Ergebnis- und Liquiditätsplanung für das Gespräch mit der Hausbank gut vorbereiten, um diese auch zeitnah einreichen zu können.
Sind nicht auch die Banken in dieser Situation gerade total überlastet?
Loh: Ja absolut. Die Server sind am Mittwoch in Niedersachsen und am Freitag in Nordrhein-Westfalen zeitweise zusammengebrochen und zum Teil bekamen Kunden ihren Berater nicht an die Strippe. Schließlich gibt es auch enorme organisatorische Hürden für eine gebotene rasche und unkomplizierte Gewährung von Beihilfen und Krediten. Angesichts von abertausenden von Anträgen, sind sowohl Banken als auch die KfW und andere Förderinstitute aktuell völlig überlastet. Die Sparkasse Köln nutzt mittlerweile einen Online-Liquiditätsrechner und alles wird zentral bearbeitet und der KfW-Kredit beantragt. Digitale Tools helfen in diesen Zeiten schon.
Wo liegen die Unterscheide bei der Antragsstellung für kleine (bis 50 MA) und mittelständische (60 bis 100 MA) Unternehmen?
Loh: Kleine Unternehmen bekommen Zuschüsse als Soforthilfe. Das sind bis zu 25.000 Euro in NRW. Das kann unkompliziert online beantragt werden. Das öffnet alle Schleusen ohne Barrieren. Da ist noch nicht mal eine Unterschrift nötig. Bei den mittelständischen Unternehmen gibt es die KfW-Kredite, die gut und schnell helfen können. Aber ich wünsche mir eine Haftungsfreistellung von 100 Prozent. Bisher liegt sie nur bei bis zu 90 Prozent und das bedeutet, dass die Hausbanken einen Teil des Risikos tragen und deshalb genauer prüfen. Viele Anträge von den Unternehmen werden dann erstmal abgelehnt. Die Rest-Risiko-Übernahme durch die Hausbank ist das Problem. Im Moment kann keiner genau sagen, wie es weiter geht und wie dann 2021 läuft. Das steht in den Sternen und ist für die Unternehmer schwer einzuschätzen.
Hat die Zeitarbeitsbranche besondere Herausforderungen in dieser Krise?
Alesius: Die Zeitarbeitsbranche hat begründet in der Corona-Krise sicher ähnlich hohe Herausforderungen wie die meisten anderen Branchen auch. Die Mitglieder, die ich gehört habe, haben größtenteils feste Kunden. Teilweise läuft der Geschäftsbetrieb vertretbar weiter. Da aber auch diese Kunden betroffen sind, wird die Branche negative Auswirkungen insb. über Umsatzrückgänge zeitnah spüren. Eine Herausforderung ist hier zudem noch für die Zeitarbeitsbranche, dass unabhängig von der Corona-Krise der Markt leer ist und keiner Fachkräfte bekommt und vermitteln kann. Es bringt jetzt nichts in Hektik und Panik zu verfallen, wir müssen da alle gemeinsam durch und das ist für alle einmalig und neu. (KM)