Die Stunde der Zeitarbeit
Es wird auch wieder eine (wirtschaftliche) Zeitrechnung nach Corona geben. Was das für die Zeitarbeitsbranche bedeutet, erläutert Dr. Oliver Stettes, Leiter des Kompetenzfeldes Arbeitsmarkt und Arbeitswelt beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW), in einem Beitrag des iGZ-Fachmagazins zur Zeitarbeit, der Zdirekt! 01-2021. Eine der wesentlichen Fragen für die Branche wird lauten: Welche Rolle wird die Zeitarbeit im „Nach-Corona-Aufschwung“ spielen? Klassischerweise ist Auf- schwungs-Zeit auch immer Zeitarbeits-Zeit. Gilt das auch für die Coronakrise? Stettes sagt: „Ja!“
Üblicherweise reagieren die Unternehmen auf unsichere Aufschwungssituationen, indem sie flexibles Personal einsetzen. Daher gilt die Zeitarbeit auch als Frühindikator der Wirtschaft. Das könnte sich nun aber etwas anders darstellen. In der aktuellen Situation haben die Unternehmen die Flexibilität nämlich inhouse: Indem sie die eingeführte Kurzarbeit wieder zurücknehmen, können sie aus dem Bestand flexibel reagieren.
Nachfrage schwächer
Das wird jedoch nach Einschätzung von Stettes nicht dazu führen, dass die Nachfrage nach Zeitarbeit in einer Nach-Corona-Aufschwungsphase schwächer ausfällt: „Sicherlich werden Unternehmen zunächst einmal die Kurzarbeit zurückführen, wenn sich ihre Auftragslage erholt. Viele werden sich aber in der Aufschwungsphase auch wieder auf einen Wachstumskurs bewegen, von dem zunächst einmal nicht abzusehen ist, wie er sich entwickeln wird."
Stunde der Zeitarbeit
Dann schlage, ähnlich wie nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, die Stunde der Zeitarbeit – vor allem, wenn die Einstellungsbereitschaft der Betriebe weiterhin so zurückhaltend sei, "wie wir derzeit beobachten.“ Dennoch mag auch der besondere Charakter dieser Krise als ein monokausaler externer Schock Auswirkungen auf die Bewertung durch die Unternehmen haben. Denn bei so einem klar identifizierbaren Ereignis wie der Coronakrise, dessen globaler Wegfall durch den Impfplan wohl recht zuverlässig vorausgesehen werden kann, könnte die bei anderen Krisen vorherrschende Unsicherheit über die Belastbarkeit des Aufschwungs entfallen.
Unsicherheit
Flexible Beschäftigung wird aber häufig dann nachgefragt, wenn gerade eine solche Unsicherheit über die Stabilität des Aufschwungs besteht. Wäre das der Fall, würde der Aufschwung durch die Wirtschaft gar nicht als so unsicher angesehen und daher das fehlende Personal direkt in Festanstellung an Bord geholt.
Wirtschaft im Wandel
Der IW-Wissenschaftler sieht diese Gefahr aber auch dann nicht: „Auch wenn der Wegfall der Coronakrise einigermaßen sicher vorausgesagt werden kann, kommen andere Unsicherheiten hinzu. Der Corona-Schock trifft ja auf eine Wirtschaft im Wandel. Dies gilt zum Beispiel besonders stark für die Industrie, aber auch für andere Branchen. Viele Unternehmen sind auf der Suche nach einem tragfähigen, nachhaltigen Geschäftsmodell, digitalisieren ihre Prozesse und verändern ihre Arbeitsorganisation“, sagt Stettes. (MS)
Der komplette Text steht in der neuen Zdirekt! 01-2021 (Seite 20/21) und kann im Online-Blätterkatalog oder per Download als PDF nachgelsesen werden. Das kostenlose Magazin kann außerdem auch jederzeit als Printversion unter "Zdirekt!-Abo" online abonniert werden.