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Dirk Pollert zeigt sich besorgt, um die wirtschaftliche Situation in Hessen und fordert ihr nicht die Lasten der Pandemie aufzuerlegen.

Die Politik darf den Aufschwung nicht abwürgen

Im Interview-Format „Auf 100 Worte mit“ müssen sich die Gesprächspartner kurz fassen. Ihnen stehen pro Antwort nicht mehr als 100 Worte zur Verfügung. Für dieses Interview traf sich der iGZ auf 100 Worte mit Dirk Pollert, dem Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V..

Wie schwer ist die hessische Wirtschaft durch die Corona-Krise getroffen worden?

Die Wirtschaftsleistung in Hessen ist 2020 schätzungsweise um 6 Prozent zurückgegangen und damit sogar stärker als im Bundesdurchschnitt (-5 Prozent). Die beiden Lockdowns haben vor allem der Reisebranche, dem Gastgewerbe und dem Einzelhandel milliardenschwere Umsatzverluste beschert. Die hessische Industrie hatte außerdem mit der wegbrechenden Auslandsnachfrage und dem Zusammenbruch internationaler Lieferketten zu kämpfen. Durch den verstärkten Einsatz von Kurzarbeit konnten wir zumindest die Folgen am Arbeitsmarkt eindämmen. Die Politik darf jetzt nicht den Fehler machen, den dringend benötigten Aufschwung abzuwürgen, indem sie der Wirtschaft die Lasten der Pandemie auferlegt.

Der Flughafen Frankfurt ist üblicherweise ein wirtschaftlicher Schrittmacher für die Region. Aufgrund der Coronakrise steht dieser Schrittmacher jedoch nahezu still und auch die Luftfahrtbranche ist schwer getroffen. Wie schätzen Sie die Auswirkungen auf die hessische Wirtschaft ein?

Die Passagierzahlen am Frankfurter Flughafen sind 2020 um fast 75 Prozent eingebrochen. Ein Großteil der rund 80.000  Beschäftigten musste deshalb in Kurzarbeit und vielen droht auch nach Corona noch der Verlust ihres Arbeitsplatzes. Hinzu kommen tausende weitere Arbeitsplätze bei Lieferanten und Dienstleistern, die jetzt gefährdet sind. Wenn weniger Reisende nach Hessen kommen, bekommen dies auch andere Branchen wie das Gastgewerbe und der Einzelhandel zu spüren. Die wirtschaftlichen Einbußen und die Unsicherheit bedeuten einen erheblichen Wohlstandsverlust für die ganze Region. 

Corona hat die Digitalisierung in der Bevölkerung insgesamt beschleunigt. Welche Auswirkungen beobachten Sie diesbezüglich in den Unternehmen?

Die hessische Wirtschaft hat in ihrer Breite die Erfolge der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt genutzt, um mit Homeoffice-Regelungen sicherer durch die Corona-Pandemie zu kommen. Die Digitalisierung der Wirtschaft ist im vollen Gange, digitale Geschäftsmodelle, Kundenkommunikation und ressourcenschonende Produktionsmethoden werden weiterentwickelt. Die Unternehmen werden schneller, flexibler und effizienter und damit auch wettbewerbsfähiger. 
Damit die Transformation gelingt und so die Voraussetzungen für das Wachstum von Morgen geschaffen werden, bedarf es fördernder Rahmenbedingungen. Dies gilt beispielsweise für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur, Ausbildung oder für die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen. Wie wichtig eine effiziente Verwaltung ist, sehen wir leider bei der schleppenden Auszahlung der Corona-Hilfsgelder. (MS)