"Die kleine Merkel" mit dem Motto: „Versöhnen statt Spalten“
Eigentlich könnte Annegret Kramp-Karrenbauer ganz entspannt nach Hamburg fahren. 47 Prozent der Deutschen möchten AKK, wie die Saarländerin genannt wird, als CDU- Vorsitzende haben. 42 Prozent halten sie für glaubwürdig, 41 Prozent für sympathisch und bodenständig, fand das Forschungsinstitut Forsa heraus. Doch beim Thema Führungsstärke liegt Konkurrent Friedrich Merz vorn. Und deshalb könnten die 1001 Delegierten auf dem kommenden Parteitag an der Alster der ehemaligen Generalsekretärin die Gefolgschaft verweigern.
Für viele, vor allem männliche Mitglieder, aus den Orts- und Landesverbänden ist Friedrich Merz der Heilsbringer, der die Partei aus der Umfrageflaute holen könnte. Dabei war die „kleine Merkel“ vor dem überraschenden Rückzug von Kanzlerin Angela Merkel als Parteivorsitzende dabei, die CDU umzukrempeln. Ein neues Grundsatzprogramm sollte 2020 verabschiedet werden. Um Stichworte einzusammeln, reiste AKK als Managerin des Berliner Adenauer-Hauses durch die Republik. Vor wenigen Monaten noch als Ministerpräsidentin an der Spitze des Saarlandes stellte sich die dreifache Mutter in den Dienst der Partei um die Talfahrt zu stoppen. An der Seite von Merkel wollte die zierliche Politologin die Zeichen auf Zukunft stellen. Dass dies auch die Kanzlerkandidatur beinhaltete, galt lange als gesetzt.
Jetzt entscheidet sich an der Elbe ihr politisches Schicksal. Sollte sie verlieren, will sie zunächst ins Privatleben zurückkehren. Doch bis dahin ist Kampf gefragt. Einen „Kinnhaken“ für jedes Parteimitglied nannte sie die Verbalattacke von Merz, die CDU habe durch Schweigen die AfD erst stark gemacht. Beim Themensetting versucht die gläubige Katholikin ihre konservative Grundorientierung zu belegen. Bei der Ehe für alle, hatte sie Kante gezeigt und sich dagegen ausgesprochen..
Klar und prägnant zeichnet sie ihre Linien auf den Regionalkonferenzen, achtet darauf dem Zwei-Meter-Mann nicht zu viel Spielraum zu geben. Dabei überholt sie die Parteilinie auch mal rechts, wenn sie Abschiebung für alle Straftäter fordert. Aber und das ist neu: Die Politik solle in der Partei festgelegt werden, dann in der Fraktion und dann erst in der Regierung, verspricht sie der Basis. Dies unterscheidet AKK von Merkel, die am Ende kapitulieren musste. Immer weiter hatte sich die Partei von ihr entfernt. „Versöhnen statt Spalten“; könnte AKKs Motto heißen ganz nach dem ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau, denn nur mit geeinten Parteiflügel kann die CDU wieder gewinnen. 35 Prozent der Menschen glauben, AKK wisse, was die Menschen „wirklich bewegt“. Dies muss sie in Hamburg beweisen.
Andrea Resigkeit, Leitung Fachbereich politische Netzwerke/ Hauptstadtbüro
Über die Autorin:
Andrea Resigkeit ist Leiterin des iGZ-Hauptstadtbüros. Sie begleitet und kommentiert die Politik in verschiedenen Funktionen seit vielen Jahren aus unterschiedlichen Blickwinkeln.