Die digitale Transformation in der Weiterbildung

Ein Jahr Coronakrise hat die Angebote des iGZ-Bildungsbereichs nachhaltig verändert. Schnell ablesen lässt sich das an den Zahlen: Nach einer Mehrjahresauswertung „normaler Jahre“ 2017 bis 2019 haben ca. 1.300 Teilnehmer im Schnitt pro Jahr an den Schulungsangeboten teilgenommen, die zu 90 Prozent in Präsenzform stattgefunden haben. Im Jahr 2020 waren 90 Prozent der Angebote bereits digital mit 2.110 Teilnehmenden. Gruppengrössen, die in Präsenz idealerweise bei zehn bis zwölf Teilnehmern liegen, sind bei den digitalen Angeboten häufig im Bereich von 20 bis 30 Teilnehmern. Auch die Dauer und Form der Angebote hat sich gezwungenermaßen mit verändert. Onlineseminare dauern ein bis zwei Stunden und die Inhalte der iGZ-Lernwelt lassen sich individuell vom Lerner in beliebig kleine Wissensnuggets aufteilen. So ein drastischer Wandel gelingt nur im Team und die große Flexibilität unserer Dozenten hat uns dabei sehr geholfen, schnell von Präsenz auf digital umzustellen.

Doch es gibt auch viele Schattenseiten der Medaille: Die Nutzung von Weiterbildungsangeboten und Personalentwicklungsmaßnahmen ist insgesamt rückläufig. Die höchste Priorität liegt aktuell nicht auf dem Invest in das eigene Human-Kapital, sondern auf der Bewältigung der Krise - eine Vollbremsung für die klassische Weiterbildung, die durch die digitalen Angebote nur zum kleinen Teil abgefangen werden kann. Ein Blick in den internationalen Raum zeigt zudem, dass Deutschland nicht nur bei der Digitalisierung von Schulen weit zurückliegt, sondern auch in der Digitalisierung der betrieblichen Weiterbildung und im E-Learning.

Doch was heißt das für die Zeit, die vor uns liegt? Muss sich Weiterbildung komplett digitalisieren? Wie wirkt sich die Verlagerung vieler Tätigkeiten ins Homeoffice aus? Kann man auf die Vorteile der Präsenzschulung wirklich verzichten? Wird Weiterbildung auf Dauer so stark eingefroren bleiben?

Wie so oft heißt die Antwort auch hier: Es kommt darauf an. Es kommt darauf an, ob es gelingt, die Chancen der neuen Mischung aus digital und Präsenz gut zu nutzen. Die Möglichkeit, dass Teilnehmer in der iGZ-Lernwelt im eigenen Lerntempo arbeiten und so selbst gesteuert lernen können, gilt es verstärkt in der Vor- und Nachbereitung künftiger Präsenzschulungen zu nutzen. So lässt sich das Lernen an jedem Ort und zu jeder Zeit und die Möglichkeit, jederzeit einzelne Inhalte wiederholen oder auch überspringen zu können, mit dem direkten Austausch mit dem Dozenten in einer Präsenzschulung verbinden.

Es geht also nicht darum, „ob“ sich die betriebliche Weiterbildung digitalisieren muss, sondern vielmehr nur um das „wie“ und um das „in welchem Tempo und Umfang“. Schon jetzt ist klar, dass sich viele Unternehmen und Mitarbeiter zumindest an das teilweise Arbeiten im Homeoffice gewöhnt haben und es keine Rückkehr in die alten Zeiten geben wird.

Zudem werden die wirtschaftlichen Vorteile von digitalen Angeboten wie der iGZ-Lernwelt eine entscheidende Rolle spielen. Denn ein einzelner Besuch eines Präsenzseminars ist teurer als die Nutzung der iGZ-Lernwelt für ein ganzes Jahr. Das gilt erst recht, wenn man die Reisekosten einbezieht. Aber auch die Reisebereitschaft von Teilnehmern wird sich verändern. In Zukunft werden viele Mitarbeiter auch die Vorteile von E-Learning und einer digitalen Fortbildung zu schätzen wissen - einfach weil sich diese leichter in den Arbeitsalltag und die Balance zwischen Beruf und Familienleben einfügen lässt.

Der iGZ hat dabei schon viele Hürden genommen und Fehler vermieden, die häufig bei der Einführung digitaler Lernformen gemacht werden. Beispielsweise bei der Frage nach der richtigen E-Learning-Plattform. Hier konnten wir auf der bereits bestehenden Lösung mit unserem Partner inside aufsetzen und liefen damit nicht Gefahr, wie sonst häufig bei einer Neueinführung nach wenigen Monaten das böse Erwachen zu erleben, wenn die installierte Plattform im Unternehmen nicht reibungslos in Betrieb genommen werden konnte.

Die Produktion der Inhalte stellt sich häufig ebenfalls als große Hürde und weitere Kostenfalle dar. Doch auch hier waren wir im Vorteil und in der Lage die Inhalte selbst zu produzieren und nicht darauf angewiesen, spezifische Inhalte teuer extern vergeben zu müssen.

In Zukunft braucht es aber mehr als Software und Inhalte. Die Herausforderung ist die Transformation der Weiterbildung hin zur Mischform aus Präsenz und digitalem Lernen. Erst wenn diese Mischung selbstverständlich geworden ist und aktiv von unseren Mitgliedsunternehmen eingefordert wird, ist die Transformation als Kernaufgabe gelungen.

Hierfür wird der iGZ Bildungsbereich künftig auch stärker gefordert sein, die digitale Transformation der Weiterbildung im Inneren der Organisation unserer Mitgliedsunternehmen zu begleiten. Das bedeutet für alle Beteiligten nun die Komfortzone zu verlassen und eingeführte Prozesse nicht einfach laufen zu lassen. Der neue Weg ist nicht mehr so bequem, die Mitarbeiter auf eine Fortbildung zu entsenden oder einfach fertige Fortbildungsveranstaltungen einzukaufen. Dafür bietet die Transformation der Weiterbildung eine Vielzahl an neuen Chancen und Vorteilen.

Über den Autor

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Christian Bloom ist seit 2019 als iGZ-Fachbereichsleiter für Bildung und Personal/Qualifizierung im Einsatz. Er war vorher langjähriger Leiter Aus- und Weiterbildung in der Stahlindustrie und Geschäftsführer der Akademie der Georgsmarienhütte Unternehmensgruppe.