Deregulierung der Zeitarbeitsbranche gefordert

„Alles Krise, oder was – wohin steuert unsere Wirtschaft?“, fragte Dr. Oliver Stettes, Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), Leiter des Kompetenzfeldes Arbeitsmarkt und Arbeitswelt, anlässlich des iGZ-Landeskongresses PP Nord in Bremen und lieferte auch gleich die Antwort. Sein Zahlenwerk bestätigte die Auftaktworte Baumanns: Das Jahr 2022 zeigte nach dem Abwärtstrend in der Corona-Hochphase 2020/´21 wieder eine deutliche Aufwärtsentwicklung im Jahr 2022. Jedoch sei mit dem beginnenden Herbst wieder ein Rückgang der Beschäftigtenzahlen zu verzeichnen. Er rechne für 2023 mit einem Rezessionsjahr – die meisten Prognosen, so Stettes, gehen davon aus, „dass wir kaum einen Anstieg in der Arbeitslosigkeit haben werden.“

Viele Risikofaktoren

In einem Expertengespräch vertieften dann Baumann, Stettes und Kamber Acik, Betriebsrat ArcelorMittal, das Thema. Acik schilderte die Situation in seinem Unternehmen als besorgniserregend – angesichts der derzeitigen Lage könne niemand genau sagen, wie es denn nun weitergehe, verwies er auf die Auswirkungen von Corona und Ukraine-Krieg. Zudem seien die Sprachbarrieren bei der Beschäftigung von Zeitarbeitnehmern in seinem Betrieb ein sehr großes Problem, das die tägliche Arbeit belaste. Oliver Stettes nannte auch das Lieferkettenproblem als Faktor. Es gelte Risiken zu minimieren oder zumindest zu reduzieren. Das sei ebenfalls eine Aufgabe der Unternehmen. Viel hänge auch von den politischen Maßnahmen ab – insbesondere seien dabei die Strom- und Gaskrise zu beachten.

Krise gemeinsam meistern

Im Prinzip seien nun alle gefordert, die Krise zu meistern – das einfache Erhöhen von Löhnen kompensiere nicht die Inflation unterstrich der Experte. „Irgendwann werden wir aber aus dieser Krise auch wieder herauswachsen“, blickte er optimistisch in die Zukunft. Dann müsse sich die Wirtschaft allerdings ganz neuen Herausforderungen stellen. Langfristige Personalplanung und -entwicklung sei angesichts der aktuellen Lage nahezu unmöglich, da diene die Zeitarbeit als Puffer, erklärte Baumann. Die Branche sei intensiv damit beschäftigt, die personelle Flexibilität zu liefern, aber das gebe der Arbeitsmarkt kaum noch her. „Das ist eine neue Anforderung, der wir uns stellen müssen“, betonte Baumann.

Profis für Beschäftigung Drittstaatler

„Wir brauchen ganz massiv die Deregulierung des Arbeitsmarktes, eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und wir brauchen hohes Augenmaß bei den Tarifabschlüssen“, listete der iGZ-Bundesvorsitzende auf. Zeitarbeitsunternehmen seien außerdem die Profis, wenn es um die Integration und Qualifizierung von Beschäftigten, auch sprachlich, aus Drittstaaten gehe. Die Branche habe die Konzepte dafür und die Kontakte ins Ausland, Baumann: „Wir können morgen damit loslegen.“ Acik sprach dazu die Ängste vor allem älterer Mitarbeiter an, künftig in der Entwicklung mithalten zu können. Bei fast jedem Mitarbeiter könne das Kompetenzniveau erhöht werden, reagierte Christian Baumann – den Beschäftigten müsse vor allem das Gefühl vermittelt werden, jeder werde mitgenommen und entsprechend seinem Arbeitsplatz weitergebildet. Settes erinnerte daran, dass viele Unternehmen bereits vor Corona festgestellt haben, dass Kompetenz und Erfahrung gerade älterer Beschäftigter sehr wertvoll für das Unternehmen sein können – infolgedessen seien die Beschäftigtenzahlen Älterer angestiegen.

Effizient Personal bewerben

Neue Wege gehen in der Zeitarbeit – das Social Media Recruiting gehört auch dazu: Wie ein Unternehmen über diese Möglichkeit effizient und günstig Personal einstellt, erklärte Jakob Strehlow, Social Recruiting Experte, den Zuhörern. Zur Zielgruppenfrage klärte er auf, dass sich die Alterspyramide zunehmend in Richtung älterer Beschäftigter verschiebe. 47 Millionen Nutzer sind monatlich, so der Referent, auf Facebook unterwegs. Das Nutzerverhalten habe sich geändert, aber die Masse sei weiterhin, wenn auch weniger, dort aktiv. Instagram rangiere weltweit auf Platz Sieben des Social-Media-Rankings, TiKTok werde in Deutschland von rund 19,5 Millionen genutzt. Interessant für die Unternehmen: Zehn Prozent nutzen die Social Media aktiv für die Jobsuche. 40 Prozent seien mit ihrer Arbeit unzufrieden, jedoch noch nicht auf Jobsuche. Als Möglichkeiten böten sich eine direkte Ansprache der Kandidaten, das Veröffentlichen von dazu passenden Inhalten, etwa in Form von Videos, und das Posten einer Stellenanzeige.

Über den Autor

Wolfram Linke

Wolfram Linke ist seit Juni 2008 Pressesprecher des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen. Davor arbeitete er 18 Jahre lang als Redakteur bei einer Tageszeitung, bildete regelmäßig Volontäre aus, führte Praktikanten in die Welt des Journalismus ein und hielt zahlreiche Fachvorträge zum Thema Medien. Linke ist außerdem zertifizierter Online-Redakteur, Certified Microsoft Technology Associate (Windows und Netzwerke) und hat mehrere weitere Microsoft- sowie Adobe-Zertifikate. Seit März 2014 ist er Vorsitzender des Pressevereins Münster-Münsterland.


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