Branchenzuschläge: Noch viele Unsicherheiten

Für die Bundesagentur für Arbeit wie auch für die Unternehmen eigentlich Routine – mit Blick auf die neuen Branchenzuschlagstarife allerdings existieren noch viele Unsicherheiten. Auf beiden Seiten.

Verfahrensweise bei Überprüfung

Auf Einladung des iGZ-Landesbeauftragten Angelo Wehrli referierte zunächst Timo Gietemann (BA) vor den 100 interessierten iGZ-Mitgliedern über die übliche Verfahrensweise bei Überprüfungen von Zeitarbeitsfirmen durch die BA und lieferte dazu auch Zahlenmaterial: Rund 1.500 Erlaubnisinhaber gebe es in den drei Bundesländern, davon seien 60 Prozent Mischbetriebe. Die Regionaldirektion Nord habe im Jahr 2011 insgesamt 262 Prüfungen durchgeführt. Aktuell, so Gietemann, habe es zwei Beanstandungen im Zusammenhang mit Branchentarifzuschlagsverträgen gegeben – beide zum Thema Urlaubsgeld.


Rund 100 iGZ-Mitglieder kamen zur Versammlung nach Hamburg.

Keine Rechtsprechung

Zur Prüfung der Branchenzuschläge, stellte der Experte fest, gebe es bislang keine Rechtsprechung, und Begleitliteratur dazu sei lediglich in kleinem Umfang vorhanden. Die Mitglieder interessierten sich vor allem dafür, mit welchen Konsequenzen zu rechnen sei, wenn das Kundenunternehmen falsche Angaben, etwa zur Branchenzugehörigkeit, liefere. Die Dokumentationspflicht liegt bei den Zeitarbeitsunternehmen – die Konsequenzen bis hin zum Entzug der AÜ-Erlaubnis bei Verstößen haben laut Gietemann die Zeitarbeitsunternehmen zu tragen.

Eingruppierung und Zuordnung

Einigkeit herrschte unter den Teilnehmern, dass korrekte Eingruppierung der Mitarbeiter und richtige Zuordnung der Kunden zu den Branchen Priorität haben – iGZ-Mitglied Harald Hundeshagen schlug in diesem Zusammenhang eine Zusammenarbeit mit der BA zur Unterstützung bei der Klassifizierung vor. Peter Wijnen (Prüfkraft im Team Hannover der BA) unterstrich, dass letztendlich mögliche Konsequenzen bei falschen Angaben in der Dokumentation mangels Rechtsprechung noch völlig offen seien. Bei vorsätzlich falschen Angaben, so ein Mitglied, bliebe dem Zeitarbeitsunternehmen allerdings noch die Möglichkeit des zivilrechtlichen Klageweges.


Der iGZ-Landesbeauftragte Angelo Wehrli forderte das Ende der Diskriminierungskampagnen.

Diskriminierung stoppen

Fest steht aber bereits, so Angelo Wehrli eingangs der Veranstaltung, dass der Einsatz von Zeitarbeitskräften in den Kundenbetrieben auf den Prüfständen stehe. „Die Kunden sehen sich die Kosten genauer an, und die Zeitarbeitnehmer werden schneller wieder abgemeldet“, stellte Wehrli fest. Aktuell seien bundesweit rund 700.000 Zeitarbeitskräfte im Einsatz. Der iGZ-Landesbeauftragte für Hamburg und Schleswig-Holstein forderte, die Diskriminierungskampagnen der Gewerkschaften müssten endlich gestoppt werden. Zum anlaufenden Bundestagswahlkampf betonte Wehrli, es sei erschreckend, wie wenig viele Politiker über das Thema Zeitarbeit wissen, sich aber dennoch – stets negativ – dazu äußern. (WLI)