Bedingungen zur Beschäftigung Geflüchteter erläutert
Seit drei Wochen tobt der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine – Tausende Flüchtlinge, vor allem Frauen mit Kindern, strömen in Richtung Westen. Noch völlig unklar ist, wie lange dieser Krieg dauert und demnach auch wie lange die Geflüchteten fern der Heimat ausharren müssen. In der Vergangenheit hat sich die Zeitarbeitsbranche als ideales Modell zur Beschäftigung und Integration von Flüchtlingen erwiesen und bewährt. Grund genug für den iGZ, seine Mitgliedsunternehmen im Rahmen einer Fragestunde über die gesetzlichen Bedingungen zur Beschäftigung Geflüchteter aus der Ukraine zu informieren, um für den Eventualfall vorbereitet zu sein.
Ass. jur. Marcel René Konjer, iGZ-Fachbereich Arbeits- und Tarifrecht, begrüßte per Internet rund 170 Interessierte und erläuterte eingangs die grundsätzlichen Bedingungen: Eine visumsfreie Einreise und Weiterreise im Schengen-Raum sei normalerweise nur mit einem biometrischen Pass möglich. Gegebenenfalls gebe es Erleichterungen für die Einreise in andere EU-Staaten aus humanitären Gründen, sonst sei andernfalls grundsätzlich ein Visum erforderlich.
Übergangslösung
Die Höchstdauer des Aufenthalts betrage in diesem Fall 90 Tage – dieser Kurzaufenthalt berechtige allerdings nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Mit Blick auf die Verordnung zur vorübergehenden Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels anlässlich des Krieges in der Ukraine eingereisten Personen, Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung (UkraineAufenthÜV), verwies Konjer darauf, dass diese vorübergehend von der Erfordernis eines Aufenthaltstitels entbinde. Das sei eine Übergangs- und keine Dauerlösung, weil die Laufzeit der Verordnung befristet sei. Jedoch sei eine Erwerbstätigkeit dadurch nach wie vor nicht erlaubt. Jedoch sei die Beantragung weiterer Aufenthaltstitel wie etwa die reguläre Erwerbsmigration dadurch möglich.
Drittstaat
Die Ukraine sei trotz Beitrittsgesuch nach wie vor ein Drittstaat. „Drittstaatsangehörige benötigen, wenn sie in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen, dafür eine entsprechende Erlaubnis. In welchem Umfang die Erwerbstätigkeit gestattet ist, lässt sich dem Aufenthaltstitel entnehmen“, erläuterte der Jurist. Für eine Beschäftigung als Zeitarbeitnehmer dürfe keine Zustimmung erteilt werden, wenn der Ausländer als Zeitarbeitnehmer tätig werden wolle.
Beschäftigung in Zeitarbeit
Diese Einschränkung gelte weiterhin. Sie dürfte derzeit indes in vielen Fällen an Relevanz verlieren, wenn ukrainische Staatsangehörige als Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Dann liege ein Fall vor, in dem eine Beschäftigung in der Zeitarbeit erfolgen könne, weil nach Erteilung des Aufenthaltstitels gerade keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr erforderlich sei. Nach Auffassung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sei ein Asylantrag für aus der Ukraine Vertriebene nicht erforderlich und – im Hinblick auf einen etwaigen visumsfreien Aufenthalt – mithin sogar schädlich.
Vorübergehender Schutz
Es finde die Richtlinie über den vorübergehenden Schutz in allen EU-Mitgliedstaaten zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen Anwendung. Diese gewähre aus der Ukraine vertriebenen Menschen vorübergehenden Schutz. Es sei daher zu erwarten, dass behördenseitig aus der Ukraine Geflüchtete nicht als Asylsuchende behandelt werden, auch, wenn die Stellung eines Asylantrags weiterhin möglich bliebe. Die Beschäftigung Geflüchteter aus der Ukraine vor dem Hintergrund eines laufenden oder abgeschlossenen Asylverfahrens dürfte daher die Ausnahme darstellen.
Viele Fragen aus dem Chat
Per Chat stellten die Teilnehmer parallel ihre Fragen. Ass.jur. Mandy Ostermeier, iGZ-Fachbereich Arbeits- und Tarifrecht, betreute den Chat und sortierte die zahlreichen Fragen zum Thema, die dann anschließend „live“ beantwortet wurden. Zu guter Letzt betonte Konjer abschließend, für eine Beschäftigung brauche es auf jeden Fall einen Titel: "Eine Erwerbstätigkeit einfach so ohne Aufenthaltstitel ist schlicht nicht möglich. Ich hoffe aber auf moderate Verfahrensdauern." (WLI)