„Arbeitsmarkttür nicht vor der Nase zuschlagen"

„Festanstellungen direkt nach dem Studium sind seltener geworden", stellte jetzt Karl-Heinz Minks, Absolventenforscher beim Hochschul-Informations-System (HIS) in Hannover, fest. Und offenbar nutzen die Hochschulabgänger zunehmend die Zeitarbeit für den Einstieg ins Berufsleben.

Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit waren zum Stichtag 31. Dezember 2013 insgesamt 58.983 Zeitarbeitnehmer vorher überhaupt noch nicht beschäftigt. Im Dezember 2012 waren es 53.084 Neueinsteiger. Rund zehn Prozent der Zeitarbeitnehmerschaft sind Akademiker, Tendenz steigend.

Unterschiedliche Berufsfelder

Vielfach wird die Zeitarbeitsbranche genutzt, um zunächst die unterschiedlichen Berufsfelder, die sich mit dem jeweiligen Abschluss bieten, auszuleuchten – oder auch um das eigene Wissensfeld zu erweitern. Vor allem bei Ingenieuren gilt: je spezialisierter das Fachwissen, desto besser die Karrierechancen. Auch bei Ingenieuren und Wirtschaftswissenschaftlern habe die private Wirtschaft mittlerweile die Vorteile von Zeitarbeit entdeckt, attestiert denn auch die Rheinische Post in einem Artikel zum Thema.

Projektarbeiten

Vor allem bei Projektarbeiten, die meist Spezialwissen erfordern und zeitlich begrenzt sind, wird gern auf Zeitarbeit zurückgegriffen. Drohendes Problem bei diesen Aufträgen: Sie dauern oft länger als 18 Monate und laufen damit den Plänen der Großen Koalition zuwider, die Höchstüberlassungsdauer von Zeitarbeitnehmern auf 18 Monate zu beschränken. „Und nicht nur den Akademikern würde mit einer solchen Einschränkung die Arbeitsmarkttür vor der Nase zugeschlagen werden“, appelliert iGZ-Hauptgeschäftsführer Werner Stolz, die im Koalitionsvertrag formulierten Regulierungspläne noch einmal zu überdenken – „denn diese Maßnahmen gehen in erster Linie zu Lasten der Arbeitnehmer und stehen im krassen Gegensatz zur Realität“, so der Hauptgeschäftsführer.

Übertarifliche Bezahlung

In der Tat lohne es sich für die Kundenunternehmen der Zeitarbeit nicht, Fachkräfte nur für einen bestimmten Zeitraum fest einzustellen, wenn es nach einem Projekt keine Aufgabe mehr für sie gebe. Ein Zeitarbeitnehmer hingegen könne nach der abgeschlossenen Arbeit als fest angestellter Mitarbeiter des Zeitarbeitsunternehmens problemlos an ein anderes Unternehmen überlassen werden. Der Einstieg über die Zeitarbeit in den Arbeitsmarkt lohne sich: 83,5 Prozent der in Zeitarbeit tätigen Akademiker erhalten übertarifliche Zuschläge. Zudem bietet sich eine doppelte Chance: Zeitarbeitnehmer werden häufig – aktuell rund 35 Prozent – in das Stammpersonal der Kundenunternehmen übernommen. (WLI)