Arbeitsforscher: zeitliche Lohnstaffelung für Zeitarbeit
Möller empfiehlt eine stufenweise Lohnanpassung: „Nach spätestens sechs Monaten sollte der Grundsatz der gleichen Bezahlung von Leiharbeitern und Stammkräften gelten. Bereits nach zwei und nach vier Monaten wird die Differenz zwischen dem Einstiegslohn der Zeitarbeiter und dem Lohn der Stammkräfte um jeweils ein Drittel reduziert.“ Die stufenweise Anhebung verringere die Gefahr, dass zum jeweiligen Stichtag die Zeitarbeiter einfach durch neue Zeitarbeiter ersetzt werden, um die Lohnangleichung zu vermeiden. Wenn ein Arbeitgeber auf diese Strategie setze, müsse er eine sehr große Fluktuation in Kauf nehmen und ständig neue Kräfte einarbeiten - das werde sich oft nicht für ihn rechnen. Dennoch: Die Zeitarbeit solle nicht pauschal verurteilt werden – häufig entstehe durch falsche Schlussfolgerungen leicht ein falsches Bild von der Branche.
Tätigkeitsbereich erklärt Lohngefälle
Ein Beispiel dafür sei die DGB-Studie zum Verdienst von Zeitarbeitnehmern, die laut Untersuchung im Vergleich zum Stammpersonal nur die Hälfte verdienen. Das, so Möller, stimme aber aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht:
Der Tätigkeitsbereich eines Zeitarbeitnehmers lasse sich nicht mit dem eines Festangestellten vergleichen. Hierfür gebe es verschiedene gravierende Gründe: Die größte Gruppe der Zeitarbeitskräfte seien unter 30 Jahre alt (36 Prozent). Rund 30 Prozent der Zeitarbeitnehmer seien zudem ungelernte Hilfskräfte. Viele Zeitarbeitnehmer haben laut Möller keinen geradlinigen beruflichen Werdegang und waren schon von Arbeitslosigkeit betroffen. Viele Jobs in der Zeitarbeitsbranche seien Anlern- und Aushilfstätigkeiten, denen von Natur aus eine geringere Bezahlung gegenüber stehe.
Auch Klebeeffekt höher als angenommen
Laut Arbeitsforscher kommen Studien über den Übernahmeeffekt auf Werte zwischen sieben und 15 Prozent. „Dabei spricht einiges für eine Größenordnung, die näher an dem unteren Wert anzusiedeln ist“, vermutet Möller - der Prozentsatz entstammt einer Untersuchung der IAB, in der jedoch lediglich der Klebeeffekt ehemaliger Langzeitarbeitsloser untersucht wurde. Prof. Ricarda Bouncken, Universität Bayreuth kam bei einer Untersuchung acht verschiedener Studien denn auch auf einen „Klebeeffekt“ von bis zu 20 Prozent. Noch eindeutiger fiel das Ergebnis zur Übernahme von Zeitarbeitnehmern ins Stammpersonal der Kundenunternehmen in einer Studie zur mittelständischen Zeitarbeit (iGZ-Mittelstandsbarometer) der „Soziale Innovation GmbH“ vom September 2011 aus: 33 Prozent der Zeitarbeitskräfte finden den Weg über Personaldienstleister in ein festes Beschäftigungsverhältnis.
Integrationseffekt der Zeitarbeit
Ein weiterer grundsätzlicher Vorteil der Zeitarbeitsbranche sei neben dem Integrationseffekt die Möglichkeit, flexibel auf Auftragsschwankungen reagieren zu können ohne das Stammpersonal entlassen zu müssen. Zudem haben Unternehmen bessere Möglichkeiten, neue Stammmitarbeiter zu finden. Zeitarbeitsfirmen bieten den Vorteil, dass Personalchefs den möglichen Mitarbeiter direkt im späteren Arbeitsumfeld beobachten und so herausfinden können, ob der Zeitarbeitnehmer zum Betriebsablauf passt. Zeitarbeit ist also ein wichtiges gesellschaftliches Mittel um arbeitsmarktferne Personen wieder zu integrieren. (ML)